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Tests

Im Dauertest: YT Capra CF Comp

Meine Begleiterin der letzten vier Monate.

Wer bergab gerne Gas gibt, über Wurzelteppiche brettert, durch Steinfelder springt und sich seine Abfahrten aus eigener Beinkraft erarbeitet, der wird mit Sicherheit schon einmal ein YT Capra in Erwägung gezogen haben. Ein Downhill-Bike, das wie ein All Mountain bergauf klettert, so beschreibt YT sein Enduro-Rad. Hört sich nach einem spaßigen Begleiter an, daher fragte ich bei YT nach einem Dauertest-Bike. Nach nunmehr vier Monaten Testbetrieb kommt hier mein Fazit zum YT Capra CF Comp 2.

Nachdem ich diesen Sommer meinen Wohnort vom eher flachen Köln ins Alpenparadies Innsbruck verlegte, war klar: Hier muss ein zuverlässiger Begleiter an den Start. Ein Bike, das viel mitmacht und genug Reserven hat. Uphilltauglich sollte es sein, mit einer noch besseren Downhill-Performance. Schließlich sind die Trails in den Alpen um einiges rauer und länger als im Kölner Umland.

Als im Juni dann das YT Capra CF Comp 2 als Spezialausführung bei mir ankam, war ich schon sehr gespannt, wie sich das Carbon-Bike fahren würde. Spezialausführung deshalb, weil es das rote CF Comp normalerweise nur mit Zweifach-Antrieb gibt. Mein Testbike hingegen kam mit einem schlanken 1×11 Antrieb von SRAM mit 32er Kettenblatt, 10-42er Ritzel und einer e*thirteen Kettenführung, die verhindern soll, dass sich die Kette in holprigem Gelände vom Blatt verabschiedet. Perfekt also für Enduro-Rennen, denn schnelles und knackiges Schalten dürfte kein Problem sein und Kettenklemmer würden der Vergangenheit angehören. Etwas skeptisch war ich gegenüber dem verbauten 32er Kettenblatt. Schließlich befand ich mich auf alpinem Terrain und hatte lange, steile Alpenanstiege quasi mit dazu gebucht.

YT capra CF Comp Test
Im Bikepark Lenzerheide © Martina Bogott

Erster Eindruck

Als das Rad bei mir ankam, war es akribisch genau im Karton verstaut und für jedes einzelne Bauteil gab es eine beschriftete Umverpackung. Der Aufbau gestaltete sich schnell und unkompliziert – keine Fehlerfallen, keine Fragezeichen. Und als der rote Flitzer fertig vor mir stand, war ich ein kleines bisschen verliebt. Die Verarbeitung? Sauber! Das Design? Gelungen! An dieser Stelle gab es schon mal volle Punktzahl. Auch die Anbauteile fügten sich stimmig ins Gesamtbild; das Cockpit schön aufgeräumt, die Züge innen verlegt, Race Face Lenker, Vorbau und Kurbel, der 1×11 Antrieb mit e*thirteen Kettenführung. Ich freute mich auf die erste Ausfahrt.

YT Capra CF Comp Test
Auf der Z-Line in Saalbach Hinterglemm © Tom Bause

Auf dem Trail – die Uphill-Performance

Das Bike in Größe S war also startklar für die ersten Runden auf alpinen Trails. Aber was sich im ersten Moment nach unendlich langen Abfahrten anhört, muss zuvor hart erarbeitet werden. Bisher war ich eher moderate Trails im Mittelgebirge gewohnt – kurze Anstiege, kurze Abfahrten. Rauf, runter, rauf, runter. Nun sollten mich ewige Anstiege quälen, die mich mit vielen steilen Abschnitten zum Keuchen brachten, dafür allerdings mit fetten Abfahrten belohnten. Mit dem verbauten 32er Kettenblatt kam ich anfangs oft an meine Grenzen, so dass schnell ein kleineres Blatt her musste. Aus „schnell“ wurde ein „schauen wir mal, das wird schon“. So fahre ich derzeit immer noch mit dem 32er Blatt, an das ich mich tatsächlich gewöhnt habe. Geflucht wird bergauf aber trotzdem! Wenn es gar nicht mehr geht, erwische ich mich beim Absteigen oder längerem Pausieren. Die Kombination aus 32 Zähnen vorn und den 10-42er Ritzeln hinten ist eher für den ambitionierten Freund des Uphills gedacht. Letztendlich hängt es allerdings vom jeweiligen Fahrer und seiner Wadenkraft ab, wie entspannt er oder sie den Berg hoch kommt. Wem die 32 eine Nummer zu groß ist, der kann sich getrost ein kleineres Blatt aufziehen, muss allerdings auch damit leben, auf flachen Passagen mit der kleinen Übersetzung irgendwann an die Grenzen zu stoßen.

Auffallend bei den Uphills war die Tendenz des Vorderrads bei besonders steilen Stücken vom Boden abzuheben. Da hilft nur Zähne zusammen beißen, Hintern aus dem Sattel, Gewicht verlagern und im Wiegetritt hoch kämpfen. Oder Absteigen und Schieben. Das war dann meine Alternative auf den Stücken, auf denen mich meine Waden eh im Stich ließen. Zwar würde ich keinen siebentägigen Alpencross mit dem YT Capra CF Comp bestreiten wollen, aber den Berg kommt man mit dem Bike gut hoch. Viel wichtiger als die Uphill-Performance war mir jedoch das Fahrverhalten bergab.

YT Capra CF Comp Test
Auf dem Höllentrail am Spielberghaus © Tom Bause

Und so ging’s bergab

Ich gehöre eher zu den Fahrern, die in unbekanntem Terrain lieber einen Gang zurück schalten und sich erstmal mit dem Untergrund vertraut machen. Fühle ich mich auf einem Trail sicher, entweder weil ich ihn kenne oder weil ich abschätzen kann, was kommt, dann bin ich auch gern mal etwas schneller unterwegs. Und das ist genau der Moment, in dem das YT Capra CF seine Vorteile ausspielt! Der flache Lenkwinkel von 65,2° in Kombination mit den 160 mm Federweg vorn und 165 mm hinten, gepaart mit den 650 B Laufrädern, den grobstolligen 2.4″ Maxxis High Roller Reifen und dem breiten RaceFace Lenker vermitteln ein sehr sicheres Abfahrtsgefühl. Das Bike steckt unglaublich viel weg und ist nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen. Wurzelteppiche, Steine oder Kanten werden plötzlich zur Königsdisziplin. Und je höher die Geschwindigkeit, desto besser fuhr sich das Bike! Bevor das Capra nervös wurde, war ich es schon längst. Ich habe es selten, eigentlich nie, bis an seine Grenzen gebracht. Das hängt wohl mit meinem eher moderaten Fahrstil und meinem Fahrergewicht von 57 kg zusammen.

Das Gewicht des Capras von 13,5 kg unterstützt das satte Abfahrtsgefühl zusätzlich, auch wenn ich mich bergauf manchmal etwas schwer getan habe. Bergab wusste ich die paar Gramm mehr auf der Waage aber zu schätzen. Sie vermittelten mir Sicherheit und das, glaube ich, ist vielen Frauen sehr wichtig. Mädels fahren einfach anders als Kerle (zumindest die, die ich kenne), vielleicht etwas verkopfter und nicht ganz so risikofreudig. Wenn ihnen dann jemand ein Bike an die Hand gibt, das robust und stabil ist, anständig Reserven im Federweg bietet, über vieles drüber bügelt und Fahrfehler verzeiht, dann wächst Frau auch mal gern über sich hinaus und verlässt die Komfortzone.

YT Capra CF Comp Test
Z-Line!!! © Tom Bause

Was mir nicht so gut gefiel

Als allererstes tauschte ich den Sattel aus. Mit dem gut aussehenden SDG Duster kam ich leider nicht zurecht. Ebenfalls tauschte ich den 50 mm Vorbau gegen eine etwas kürzere 35 mm Version aus, der Lenker war mir einfach einen Tick zu weit weg. In diesem Zuge verpasste ich dem Bike einen Carbon-Lenker mit etwas mehr Backsweep, so dass ich mich insgesamt über ein komfortableres Handling freute. Als kleine Schwachstelle an der Ausstattung empfand ich die SRAM Guide RS Bremsen. Öfter mal musste ich an den etwas wackligen Schrauben drehen, um die Hebelweite zu verstellen. Besonders bei hoher Beanspruchung machte sich ein wandernder Druckpunkt bemerkbar. Einmal ließ mich meine Hinterradbremse im Renneinsatz im Stich und ich legte mich unsanft ab. Seitdem die Bremsflüssigkeit komplett erneuert und die Leitungen entlüftet wurden, läuft es wieder. Insgesamt ließen sich die Bremsen nicht so gut an kleine Hände anpassen, da nur die Hebelweite aber nicht der Druckpunkt verstellt werden kann.

Hacklbergtrail © Tom Bause

Und sonst so?

Nichts zu meckern. Ich habe mich inzwischen so gut auf das Bike eingeschossen, dass ich es ungern wieder hergeben will. Das Radl in Größe S passt perfekt zu meiner Körpergröße von 1,64 m. Mit der Pike RCT 3 und dem Monarch Plus RC3, die ein sehr harmonisches Paar abgeben, komme ich sehr gut zurecht. Bei langen Anstiegen blockiere ich die Druckstufe per Hebel, so dass Gabel und Dämpfer fast bretthart sind und ich meine Kraft effizienter beim Pedalieren einsetzen kann. Sehr zu schätzen wusste ich die 2,4“ breiten Maxxis High Roller II, die mir mit ihrem groben Profil auf feuchtem Waldboden oder nassen Wurzeln eine ausgezeichnete Traktion lieferten. UND: Die Hinterradnabe macht einen unglaublichen Sound! Nie wieder Fußgänger erschrecken, einfach nur laufen lassen.

YT Capra CF Comp Test
Hacklbergtrail © Tom Bause

Fazit

Das YT Capra CF Comp ist der perfekte Begleiter, wenn es steil, schnell und rau bergab geht. Auf wurzeligen und steinigen Trails ist das Bike in seinem Element und holt den Fahrer aus der Komfortzone ab. Es verzeiht viel und vermittelt auf Grund seiner Geometrie und seines Gewichts jede Menge Sicherheit, was mir persönlich sehr zu Gute kam. Einen Alpencross mit unendlich steilen Uphills würde ich mit dem Capra nicht unbedingt in Angriff nehmen, zumindest nicht mit einem 1×11 Antrieb. Seine Vorzüge spielt das Capra definitiv bergab aus, so dass man auf wilden Enduro-Runden so richtig auf seine Kosten kommt.

Mehr Infos / Specs gibt es bei YT auf der Webseite!

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