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Beyond the Bike | Andrew Neethling

Andrew Neethling ist schon seit über einer Dekade nicht mehr aus dem World Cup Zirkus wegzudenken. Damit steht er schon länger, als viele vermutet hätten, an der Spitze des Sports. Bis zum endgültigen Erfolg fehlt ihm aber immer noch dieses letzte Stück. In Beyond the Bike erfahrt ihr, was den Süd Afrikaner immer wieder antreibt.

Andrew Neethling. Vielleicht eine Sache gleich zu Beginn. Sein Name wird eigentlich eher wie NeaR-Tling ausgesprochen. Da das aber eigentlich jeder falsch macht, tut er uns einfach den Gefallen und hört auch weiterhin auf NeeTHling. Needles kommt aus Somerset West (Südafrika) und wird dieses Jahr 31. Nach jahrelanger Kooperation mit Giant wird er kommende Saison für Polygon Bikes an den Start gehen.

Needles ist wie der große Bruder, den man sich immer gewünscht hat. Seine Freunde zu Hause nennen ihn RadMan. Genau wie ein älterer Bruder wirkt er immer total selbstbewusst und ruhig, auch wenn er sich innerlich vielleicht ganz anders fühlt. Er zieht dich gerne auf und plant irgendwelche lächerlichen Streiche. Er sieht wahrscheinlich besser aus als du. (Aber tun das nicht die meisten großen Brüder?). Er macht dich sicherlich beim Golfen platt und kann dir ein paar Tipps geben, wie es mit den Mädels klappt. (Tipp: ein World Cup Fahrer zu sein schadet auf keinen Fall). Needles scheint diese weltgewandte Erfahrung zu besitzen, die ältere Brüder einfach haben. Er ist seit 12 Jahren Profi und verfolgt seine internationale Rennkarriere, was ihn in der heutigen Zeit sicherlich schon zum Veteranen macht.

 

Needles im Hotseat in Hafjell © Laurence Crossman-Emms

Wenn man ihn fragt, wer ihn in einem Film spielen würde, antwortet er sehr schnell, „Bradley Cooper. Er ist wild, macht sich eine gute Zeit, aber er kriegt auch seinen Scheiß geregelt“. Mit welcher Person würde er gerne für eine Woche tauschen? „Tiger Woods. Er hat wirklich viele Dinge gewonnen,“ sagt er mit einem Grinsen auf den Lippen. Wenn es um seine Karriere geht, dann ist Needles hart zu sich selbst, wenn nicht sogar ein bisschen selbst-kritisch. Er beschreibt sich selbst als fleißig, stur und zielstrebig. Seine Freunde sind wahrscheinlich von ihm genervt, weil er also Profi so viel aufgeben muss, was sehr hart für zwischenmenschliche Beziehungen sein kann.

 

Lang ist
Lang ist’s her. Neethling auf Mongoose. Foto © Steve Jones

Wenn man ihn über frühere Zeiten ausfragt, dann klingt es wie ein vollkommen anderer Sport. Neben dem Anspruch gut zu fahren war der Spaß an der Sache oberste Priorität. Heute geht es so viel mehr um Siege und Ergebnisse, dass sich die Fahrer schon sehr anstrengen müssen, um noch Spaß dabei zu haben. Glücklicherweise muss Needles aber nicht allzu lange nachdenken, bis er ein paar echt gute Geschichten auspackt. Am Anfang seiner Karriere war er als einziger Süd Afrikaner mit einem Trupp Australier unterwegs. Sie haben an jedem Dirt Jump, Skate Park oder sonstigen Mountainbike Spot angehalten, den sie auf ihrem Weg finden konnten. Mit Leuten wie Rennie, Bryn, Sam und Graves kann man sich leicht vorstellen, dass die Jungs ein paar verdammt gute Sessions hatten. Diese Crew war Needles Familie, als er Monate lang von zu Hause weg war. Sie waren wie Brüder. Man sollte Jared Graves darauf ansprechen, als ihm Needles ein bis zum Anschlag mit Wasser gefülltes Kondom ins Bett gelegt hat. Man könnte sagen, dass Neethling Graves dazu gebracht hat, sein Bett zu nässen – eine Leistung auf die die meisten älteren Brüder stolz gewesen wären.

Hafjell 2013. Foto © Laurence Crossman-Emms

Spult man zum heutigen Tag vor, hat sich einiges im Rennzirkus verändert, aber Needles bleibt bodenständig, egal wie die Umstände sind. Bis vor kurzem gehörten er und Danny Hart zum Giant Team, wo sie sich perfekt ergänzten. Über die Jahre haben die beiden eine fast geschwisterliche Bindung aufgebaut, an Stelle einer Rivalität, wobei ein gesunder Wettkampfgeist immer erhalten blieb. Die beiden profitierten nicht nur durch ihre Freundschaft von dieser Beziehung, sondern sie lernten auch viel voneinander. Needles konnte von Danny viele praktische Dinge lernen, wie z.B. die richtige Linienwahl. Besonders beeindruckt hat ihn Dannys Fähigkeit seine Gedanken komplett auszuschalten und alle Ablenkungen einfach auszublenden.

Sowohl Danny als auch Needles werden kommende Saison nicht mehr für Giant an den Start gehen. Beide haben sich neuen Teams und neuen Herausforderungen gestellt. Danny wird ab jetzt für Mondraker starten und ist bereits auf dem Mondraker Summon Carbin Pro unterwegs.

Es ist sehr angenehm mit Needles Zeit zu verbringen. Er ist immer fröhlich, lacht viel und erzählt unterhaltsame Geschichten. Etwas, was man nicht von ihm erwartet hätte? Er verliert sich manchmal in Gedanken, was Fluch und Segen zugleich ist. Wenn es bei einem Rennen gut gelaufen ist, redet er sich manchmal ein, dass er das Ergebnis nicht verdient hätte. Das kann einen antreiben, um sich weiter zu verbessern, aber es ist definitiv auch ein Gedankenspiel, das unnötig stresst. World Cup Rennen zu fahren ist nichts für zartbesaitete oder Leute, die schlecht mit Druck umgehen können. Stellt euch vor, ihr seid seit über 12 Jahren auf dem höchsten Level dabei ohne jemals ganz oben auf dem Podium gestanden zu haben. Die meisten von uns hätten vermutlich längst das Handtuch geschmissen, aber genau das ist was auch, was Typen wie Needles von uns Normalos unterscheidet. Needles will gewinnen, so viel ist klar. Wenn auch nur, um endlich den Druck loszuwerden und weil er genau weiß, dass er das Zeug dazu hat. Jeder weiß das und genau deswegen ist der Druck auch so groß. Seine Ergebnisse zeigen immer wieder dass er nah dran ist, die Barriere aber nicht durchbrechen kann…noch nicht. Man merkt ihm an, dass er darunter leidet nie ganz oben stehen zu können. Trotzdem ist er nicht verbittert oder fragt nach dem „was wäre wenn…“. Selbst wenn es niemals klappt, wird er sein Schicksal einfach akzeptieren.

Bis jetzt ist seine Rennkarriere sein Lebensmittelpunkt. Er denkt noch nicht daran aufzuhören. Trotzdem gibt es eine Menge Perspektiven für ihn, wenn es mal soweit ist. In Süd Afrika müssen noch Bikeparks gebaut werden. Es warten Enduro Rennen, die noch gefahren werden müssen. Vielleicht wartet sogar eine Rampage Einladung – man darf nicht vergessen, dass er praktisch ein Crankworx Veteran ist, von daher ist das nicht vollkommen abwegig. Natürlich gäbe es auch genügend Jobs in der Bike Industrie. So ein Abschluss der Downhill World Cup University ist bei den Firmen mehr als willkommen. Aber einen Traum, den er wirklich gerne verwirklichen würde, führt uns zurück zu seiner Familie: er würde gerne ein Renn-Team mit seinem jüngeren Bruder gründen. „Damit würde mein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen“, sagt er.

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