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Whistler Lovestory: Der Anfang einer großen Liebe

Er gilt als Mekka des Gravitysports und Mutter aller Bikeparks: The Whistler Bikepark! Berühmt berüchtigt. Aber wie geht es wirklich zu und her im "Wilden Westen"? Unsere Auslandskorrespondentin Alexandra Wohlgensinger verbringt diesen Sommer zweieinhalb Monate in Whistler und berichtet, wie aus einer Whistler-Jungfrau ein alter Hase wird.

Whistler Lovestory © John Inman / peakleaders

Die erste Begegnung

Da stehe ich nun, mit weit offenen Augen und einem breiten Grinsen, das einfach nicht mehr aus dem Gesicht verschwinden will. Ich fühle mich wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal durch die Tore Disneylands läuft: Trails, Drops, Jumps und Bikepark, so weit ich sehen kann, und ich realisiere: „Nun bist du angekommen – Welcome to Whistler!“ Die Anzeichen dafür waren schon zuvor da: Übergroße Pickup Trucks mit Bikes auf der Brücke, Rider, die ihr Downhill-Gefährt durch die Gassen schieben, überdurchschnittlich viele Passanten mit eingegipsten Körperteilen oder Dirtjumps neben dem Parkplatz. Jetzt, da ich jedoch im Zielgelände des Phat Wednesday Race stehe und während des Nachtessens neben Troy Brosnan sitze, glaube ich es endlich. Es kann nicht schnell genug Morgen werden, denn mein Bike „Rufus“ und ich sind nun sowas von bereit.

Das erste Date

Etwas schüchtern schiebe ich Rufus durch die Schlange vor dem Lift, während ich sorgfältig die Ladetechnik der Bikes analysiere. Schließlich will ich ja nicht als Whistler-Virgin auffallen. Mein Outfit habe ich dementsprechend gewählt – ein schlicht schwarzes Looserider T-Shirt sollte eine Prise Coolness, jedoch ein gewisses Understatement präsentieren. Vom Lift aus sehe ich die ersten interessanten Trails: Canadian Open mit dem berühmten Heckler Drop, Schleyer und zu guter Letzt – A-Line. Zaghaft und etwas eingeschüchtert von all den coolen Kids mache ich mich auf zu den ersten Trails. Die Versuchung, Double Black Diamond Tracks zu erkunden, wird mit jeder Abfahrt größer, doch angesichts der Tatsache, dass ich noch zwei Monate hier verbringen werde und vor zehn Wochen meinen gebrochenen Unterarm mit einer Platte fixiert bekam, lässt es mich die ersten Tage etwas gemütlicher angehen. Whistler und ich wollen das Feuer der Leidenschaft ja nicht zu schnell verbraten – unsere Beziehung soll schließlich Zukunft haben.

Whistler Lovestory © John Inman / peakleaders

Die erste Verliebtheit

Nach der ersten Woche ist das Eis gebrochen. Whistler und ich kennen uns langsam, das Vertrauen steigt und auch wenn ich jeden Tag ein paar neue Tracks erkunde, bleiben immer noch unzählige unbekannte Möglichkeiten. Auch wenn Bikeparks in Europa immer größer und beliebter werden, keiner kann sich mit der Größe und der Vielfältigkeit Whistlers vergleichen. Und ich spreche hier lediglich vom Bikepark und lasse das riesige Trailnetz rund um den Bikepark in Whistler, Pemberton und Squamish außer Acht. Ja, ich bin verliebt und sehe die Bikewelt durch die rosarote Goggle.

Mittlerweile habe ich mich auch dem Dresscode angepasst.Tanktop und Neckbrace sind das A und O einer würdigen „Parkratte“

Genauso wie die Schürfwunden an Armen und Schultern, welche Stolz zur Schau getragen werden, ganz nach dem Motto: „Flat out, ride free, stay (sometimes too) loose“. Und mittlerweile habe ich auch realisiert, dass die Bikepark Welt, wie sie im Video Edit «I only ride park» dargestellt wird, nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Die erste Begegnung mit einem Bär habe ich hinter mir und ich habe mich auch langsam daran gewöhnt, dauernd irgendwelchen Bike-Persönlichkeiten über den Weg zu laufen: In der Schlange vor dem Imbiss Chris Kovariks interessanten Backenbart studieren? Sich auf dem Sessel mit Stevie Smith über seine Comeback unterhalten? Mit Sam Pilgrim zum Start von Dirt Merchant rollen? Auf dem Track von Fabien Barel angefeuert werden? Hey, Alltag in Whistler Bikepark…

Erste Problemchen

Wie es in jeder guten Beziehung vorkommt, gibt es neben heiter Sonnenschein leider auch einige kleine Hindernisse, die es zu beseitigen gilt. So beginnen Fahrer und Gefährt nach den ersten zwei Wochen die Rauheit und die hohen Geschwindigkeiten zu spüren. Rufus war nicht neu, aber gut unterhalten, bevor er zusammen mit mir dieses Abenteuer begann. Nach zwei Wochen Bikepark mussten bereits einige Teile ersetzt werden: Bottombracket, Headset Bearings, ein Pedal, ein Tauchrohr, die gesamte Reboundseite meiner Fox 40 und DU-Buchsen meines Dämpfers… Weitere Reparaturen stehen in der Warteliste – gewisse Knackgeräusche von Rufus werden aufgrund limitiertem Budget ignoriert. Was ich jedoch nicht ignorieren kann, ist der Schmerz, der die steigende Belastung auf meinen mehr oder weniger frisch operierten Arm signalisiert. Zum guten Glück ist die Anzahl an Physiopraxen vergleichbar mit jener der Bikeshops und hurra, ich muss meiner Therapeutin auch nicht erklären, was dieses „Downhillen“ eigentlich ist. „Ich werde dich wohl kaum davon überzeugen können, es langsamer anzugehen, also gebe ich mein Bestes die Knochenheilung voranzutreiben und den Schmerz in Grenzen zu halten“, ist ihr einziger Kommentar, danach unterhalten wir uns über die Whistler Standard-Smalltalk-Themen: Biken und die Masterchallenge „ein Arbeitsvisum bekommen“.

Start in eine langfristige Beziehung

Nach gut einem Monat gehören Rufus und zu den alten Whistler-Hasen – auch wenn wir nach wie vor noch nicht alle Tracks kennen. Wir sind durch super geniale, gute und weniger gute Zeiten gegangen. Wir können bereits auf gewisse Highlights zurückschauen. Eines davon ist ein Trip hoch hinaus zu „Top of the World“ – der wundervolle Tech-Track, der hoch über dem höchsten Punkt des Bikeparks startet. Ebenfalls zu den Glanzmomenten gehört das Gefühl, wenn du das erste Mal auch die größten Jumps auf der A-Line in die Landung schaffst.

Ja, die erste Verliebtheit ist vorbei und mittlerweile kann ich mir ein Bikeleben ohne Whistler nicht mehr vorstellen. Auch wenn wir in eineinhalb Monaten kurzfristig getrennte Wege gehen werden und ich Whistler während des Winters mit Neuseeland betrügen werde, wissen wir beide, dass dieser Sommer nur der Anfang einer langen, wundervollen Geschichte sein wird.

…to be continued! Alexandra wird berichten. Zur Zeit macht sie erst einmal ihre Park-Instructor und Trail Guide Lizenz bei Peakleaders. Sinnvoller kann man die Zeit in Whistler wohl kaum nutzen.

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