Josh Bryceland | Verletzungs-Update
Die Euphorie über Josh Brycelands World Cup Gesamtsieg wurde etwas gedämpft, als er bei der Brücke in Hafjell weit über das Ziel hinaus schoss und sich eine verdammt komplizierte Verletzung einhandelte. Was wie ein einfaches Abrutschen vom Pedal aussah, hat sich als ein hoch komplizierter Bruch raus gestellt. Es hat einiges an Metall gebraucht, um Joshs Fuß zusammen zu halten. Unsere UK Kollegen haben sich mit Josh getroffen als er bei Harris & Ross in der Reha war. Seither war Ratboy fast täglich dort, um wieder zu seiner alten Form zurück zu finden. Carl Dickson hat mit Josh gearbeitet und ein paar Updates rüber geschickt, um uns wissen zu lassen, wie es Josh mittlerweile geht.
Teil 1
Die Zusammenarbeit mit Josh Bryceland, wo fängt man da an? Joshs Reise von Norwegen zu unserer Einrichtung hat in der Sekunde angefangen, als er sich verletzte. Darren “Conehead” Roberts und ich haben gerade die Weltmeisterschaften geschaut und uns Vorhersagen und Kommentare getextet. Als Ratty als Letzter den Berg runter kam, lag alles an ihm. Alle Augen richteten sich auf die Spitze des Berges, genau wie die großen Screens oder die Fernseher in der ganzen Welt. Kann der World Cup Sieger von 2014 den Doppel-Titel holen? Das ist genau das, was ich an den Weltmeisterschaften liebe. Egal, wie beständig die Leistungen über das Jahr hinweg waren, dieser eine Lauf kann dir einen Eintrag in die Geschichtsbücher und das Regenbogentrikot bescheren. Das birgt immer eine Achterbahnfahrt an Emotionen. Man kann sich nur vage vorstellen, wie sich Neko Mulally gefühlt haben muss, als seine Kette gleich beim Start gerissen ist und, wie dieses Gefühl bis zum Ziel angehalten hat, bis er auf dem Podium saß und das Rennen als Vierter beenden konnte.
Als Josh Bryceland den Berg runter kam, habe ich – wie die meisten – den Atem angehalten. Es sah so aus, als würde der Typ aus Süd Manchester in dem Jahr, in dem er zum ersten Mal auf einem World Cup Podium stand, direkt den Doppel-Titel mit nach Hause nehmen. Eine unserer Physiotherapeutinnen, Laura Robinson, war wegen den Athertons vor Ort, also haben wir ihr sofort geschrieben, um zu sehen, ob sie irgendwie helfen kann, aber das Mediziner-Team vor Ort hat großartige Arbeit geleistet und sichergestellt, dass Josh alles hatte, was er brauchte. Außerdem hat Will Longden, der Manager des britischen Teams, sehr schnell mit uns von Harris & Ross Kontakt aufgenommen, um sicherzustellen, dass Ratty versorgt wird, wenn er nach Hause kommt. Zusätzlich gab es auch noch Kathy Sessler (Syndicate Team Managerin) und Peaty, die sicher stellen wollten, dass ihr Fahrer und Team Kollege die best mögliche Genesung haben wird. Was ich damit sagen möchte ist, dass Ratty eine ziemlich große Nummer ist, die Leute kennen ihn und haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn wieder fit zu bekommen. Das ist großartig, solange alle an einem Strang ziehen.
Nach seiner Rückkehr aus Norwegen kam Ratty zu uns und wir haben eine Rücksprache mit dem Fuß- und Knöchel Spezialisten, Rob Smith, arrangiert. Smith war mit der Arbeit der norwegischen Chirurgen sehr zufrieden, was eine große Erleichterung war, da der Bruch des Mittelfußknochens sehr ernsthaft ist. Für einen erstklassigen Rugby Spieler wäre es das potentielle Karriere-Aus. Mit einer klareren Vorstellung des Verletzungs-Ausmaßes konnte das Team einen 12-Wochen Plan zusammen stellen, um Ratboys Fuß zu entlasten. Der Rest seines Körpers sollte in Schach gehalten werden, damit er nicht zu viel Fitness und Kraft abbaut. Dabei sollte er auch seine Offseason genießen ohne den üblichen Druck, wobei ich nicht davon überzeugt bin, dass sich Ratboy überhaupt unter Druck setzen lässt.
Und wo wir gerade von Druck sprechen. Es war schon heftig den Athleten-Ordner überreicht zu bekommen und darüber informiert zu werden, dass man der Ansprechpartner des aktuellen World Champions ist und die Verantwortung für dessen Fortschritt und Genesung trägt. Es war eine große Hürde für mich, genau wie es für Ratboy schwer war so viel Zeit im Fitness Studio zu verbringen ohne Fahrrad fahren zu dürfen. Ich bin mir sicher, dass Ratboy das Ganze als eine sehr schwere Zeit und einen harten Weg empfunden hat. Wenn man aber um zwei Uhr morgens Party Fotos von ihm zugeschickt bekommt, dann hilft es einem selbst das Ganze ein bisschen lockerer zu sehen. Selbstzweifel spielen eben eine große Rollen, wenn man mit so einem Athleten zusammen arbeitet. Man fängt an Fragen zu stellen wie “waren meine Ratschläge genau genug?” oder “war ich offen genug für seine Ansprüche?”, “hätte ich mehr tun können?” oder “wie zur Hölle soll ich nur sicher stellen, dass er 12 Wochen lang seinen Fuß entlastet?”.
Teil 2
Nach 12 langen Wochen der Entlastung waren wir am ersten Meilenstein angekommen, nämlich an dem Punkt, an dem Doktor Smith das Metall aus dem Fuß entfernen konnte. Wir hatten dafür Anfang Dezember angepeilt. Verständlicherweise konnte es Ratboy überhaupt nicht erwarten. Während Smith froh war, das Metall entfernen zu können, haben wir als Team ein paar schlaflose Nächte erlebt. Wir haben uns Dinge gefragt wie “was ist, wenn die Fixierungen nicht gehalten haben?” oder “wird er wieder Rennen fahren können?” und so weiter. Steel City Media und ich haben Ratboy bei seinem Trip begleitet und waren beim ganzen Prozess mit dabei, von der Ankunft im Krankenhaus, durch die ganze Operation und während der Reha-Phase. Ich habe gelernt, dass man während dieser Meilensteine und besonders während der OP mehr über die Verletzung und die Rehabilitation lernen kann als beim Betrachten von Scans und Röntgenbildern. Es festigt auch das Vertrauen der Sportler, dass man ihnen dabei hilft eine Karriere-bedrohende Verletzung zu überwinden und zu ihrer alten Forms zurück zu finden. Glücklicherweise war Doktor Smith sehr zufrieden, wie sich Ratboys Fuß entwickelt hat. Und was sich nach der Operation auf der Station abgespielt hat war eine Geschichte für sich. Bei Dan Atherton wurde eine Schraube entfernt und einer unserer Motocrosser, James Cottrell, hat Schrauben in seinen Knöchel bekommen – allesamt vom selben Chirurgen. Auf der Station befanden sich also ein Paar benebelte Mountainbiker, die sich über den Flur hinweg angebrüllt haben während ihr Physiotherapeut von der Stationsschwester angefahren wurde, weil er nicht in der Lage war, die beiden ruhig zu halten. Ich muss mich immer noch jedes Mal entschuldigen, wenn ich wieder auf der Station bin!
Sobald wir grünes Licht für die Reha hatten, haben wir auch direkt los gelegt. Ich wollte, dass Ratboy so schnell wie möglich wieder auf die Beine kommt und mit dieser Einstellung war ich sicher nicht allein. Nach Weihnachten ist der Startschuss für den “Bring Ratboy zurück auf’s Rad”-Plan gefallen. Es war ein ziemlich komplexer Plan und Ratboy musste fünf Mal die Woche zum Training in unserer Klinik antreten. Dabei sollte auf dem Alter-G lernen wieder richtig zu laufen, zudem gab es Physiotherapie, Hydrotherapie, Kraft- und Koordinationstraining und Massagen. Am ersten Montag dieses Jahres sind wir raus gefahren, um zu testen, wie Ratboy wieder auf dem Bike klar kommt und, um ihm einen Plan zu geben, worauf er achten sollte, wenn er allein auf dem Fahrrad trainiert. Es war ein großartiger Tag und wir waren alle erfreut über den Fortschritt, den er gemacht hat und das Potential mit dem wir weiter arbeiten konnten. Wie hätte man das Jahr besser starten können als mit Ratboy draußen auf den Bikes und nicht im Fitness Studio oder in der Klinik.
Bis jetzt sind wir alle von dem Tempo begeistert, mit dem sich Ratboy weiterhin verbessert, aber wie bei allen größeren Verletzungen gibt es auch Stunden, Tage und Wochen mit Höhen, Tiefen und Rückschlägen. All das gehört zu dem ganz normalen Erholungsprozess dazu, aber Ratboy schafft es immer alles positiv zu sehen und nutzt Informationen immer als neue Motivation, um zurück auf sein Fahrrad zu kommen. Halte ich jedes Mal den Atem an, wenn Ratboy wieder ein Instagram oder Facebook Video postet, in dem er etwas Neues versucht? Ohne Frage. Glaube ich, dass Ratboy besser weiß, wozu er in der Lage ist und was er besser noch nicht probiert? Aus ganzem Herzen. Wird ihm das alles helfen, um dorthin zurück zu kommen, wo er war? Eine Frage der Zeit.