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Out of the shadow

Downhill in Peru

Weltpremiere: Out of the shadow

Was lange währt, wird endlich gut! Voller Stolz dürfen wir Euch heute unser neues Video-Projekt vorstellen: Die Kurzfilm-Doku "Out of the shadow" über eine Clique mountainbikender Jungs aus Peru. Die Filmemacher Josua Stäbler und Hagen Wagner von der Filmfabrik Schwaben waren letztes Jahr zwei Wochen lang in Peru unterwegs und haben die Downhiller begleitet und ein ehrliches, sensibles Bild der Clique kreiert. Aber seht und lest selbst!

Text: Hagen Wagner / Fotos: Josua Stäbler

Ankunft in Peru

Als das kleine Passagierflugzeug den Landeanflug auf Cusco beginnt, realisiere ich langsam, wie weit weg von zu Hause wir sind. Durch die Fenster blicke ich auf eine Stadt, in der nichts alt, aber alles gebraucht aussieht. Es gibt Lehmhäuser, im Bau abgebrochene, unverputzte Betonbauten und unzählige streunende Tiere, vor allem Hunde. Wenn man auf Google Bilder „Cusco“ eingibt, bietet sich einem ein anderes Bild: Renovierte Inkabauten, zwei schnieke Kirchen am Plaza de Armas und natürlich Machu Picchu im Sonnenaufgang – Peru für Touristen! Mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Aber wir sind nicht hierhergekommen, um Touristenattraktionen zu besichtigen. Wir wollen das echte Peru kennenlernen.

Ein Blick aus dem Fenster reicht aus, um zu wissen, dass Extremsport und Lifestyle hier Fremdwörter sind. Was also bringt Jugendliche aus ärmlichen, traditionellen peruanischen Familien dazu, ihre letzten Pennies fürs Downhillfahren auszugeben?

Ich bin Hagen Wagner und zusammen mit meinem Kompagnon der Filmfabrik Schwaben, Josua Stäbler, reise ich zwei Wochen in die abgelegenen Bergdörfer der peruanischen Anden, um genau das herauszufinden und vor allem filmisch einzufangen. Wir sind junge Filmemacher aus Stuttgart und machen seit unserem 15. Lebensjahr zusammen Filme. Seit wir zum ersten Mal von den Downhilljungs aus Curahuasi gehört haben, brennt es uns unter den Nägeln, mehr über sie herauszufinden.

Wir werden am Flughafen abgeholt und setzen unsere Reise fort. Die Straße führt uns 123 km entlang der Panamericana immer tiefer in die Berge nach Curahuasi. Obwohl Curahuasi im Tal liegt und von majestätischen Gipfeln umgeben ist, befindet sich die Stadt auf 2.700 m Höhe. Das ist fast so hoch wie die Zugspitze. In der gesamten Region wohnen Quechua Indianer, gesprochen wird also Spanisch und teilweise auch noch traditionelles Quechua.

Die Downhillclique

Kaum angekommen freuen wir uns darauf, die Jungs endlich kennenzulernen und warten in Joels Garten.

Nicht alle von Joels Freunden haben ein Telefon, geschweige denn ein Handy. Deshalb ruft Joel einen oder zwei der Jungs nach der Schule an und die trommeln dann auf dem Weg zum Haus der Hassfelds den Rest der Truppe zusammen.

Es ist unser erster Tag in Curahuasi und die Sonne hat ihren Zenit überschritten. Der Garten der Hassfelds ist ihr Treffpunkt, bevor es zum Biken geht. Joels Downhiller steht bereit, während er ungeduldig im Garten auf und ab läuft. Um 15 Uhr hat er sich mit seinen peruanischen Downhill-Freunden verabredet und eine gute Stunde später ist noch keiner da. „Das ist immer so,“ klagt Joel. Pünktlichkeit ist ein sehr deutsches Konzept, das in Peru auch als Ungeduld aufgefasst wird.

Das ist die erste Lektion, die wir lernen.

An diesem Tag sind nur Bill und Jhampier gekommen. Sie schieben ihre Räder durch den Ort zum nahegelegenen Hausberg, die Standard-Trainingsstrecke.

Downhillfahren in Peru

Downhillfahren ist in Curahuasi ein sehr junger Sport und mit den Bedingungen in Deutschland überhaupt nicht zu vergleichen. Es gibt keinen Verein und auch keine Sicherheitsrichtlinien. Offizielle Trails gibt es nicht. Die Jungs bauen ihre Rampen einfach dorthin, wo sie wollen. Der Fantasie und den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Es kommt dann aber schon mal vor, dass ein Bauer eine Rampe einfach wieder umpflügt oder irgendwelche Tiere auf dem Trail im Weg stehen.

Wer zum Biken da ist, hängt auch davon ab, wessen Fahrrad gerade nicht kaputt ist. Alle Peruaner fahren Hardtails, die auf den Strecken schon ordentlich leiden müssen. Joel ist der Einzige, der einen „richtigen Downhiller“ hat. Ihre Ersatzteile kaufen die Jungs im örtlichen Fahrradladen, doch das Problem ist das Geld. In den zwei Wochen, in denen wir „Out Of The Shadow“ gedreht haben, waren wir auf weiter entfernten, spannenderen Strecken unterwegs als sonst. Das wäre so oft nicht möglich gewesen, wenn wir die Reparaturen für ihre Fahrräder nicht ab und zu bezahlt hätten, da die Räder bei jeder zweiten größeren Abfahrt kaputt gehen.

Abra

Wir sitzen zu zehnt in Patacas Kleinbus. Über dem Kühlergrill prangt ein großer selfmade Red Bull Aufkleber. Es gibt keine Anschnallgurte mehr und selbst wenn es welche gäbe, würden die Peruaner sie nicht benutzen. Pataca ist einige Jahre älter als die anderen Jungs. Er verdient sein Geld als Fahrer, wie viele hier in den Bergen. Wenn er nicht betrunken ist, dann ist er sogar ein sehr guter Fahrer, versichert uns Joels Vater. Einen Führerschein hat Pataca nicht.

Am Hausberg Abra!
Am Hausberg Abra!

Auch das ist hier nicht unüblich. Die Stimmung ist ausgelassen, als sich die Schrottkarre mit sechs Hardtails und einem Fully auf dem Dach die Passstraße auf 4.100 m hoch quält. Die Abra-Strecke zu fahren, ist etwas Besonderes. Die Abfahrt ist lang und sehr abwechslungsreich, doch ohne Auto ist es viel zu weit. Da Pataca selbst auch begeisterter Downhiller ist, haben wir einen Fahrer bezahlt, der den Bus vom Startpunkt den Pass herunter zum vereinbarten Treffpunkt zurückfährt.

Ab auf die Piste! Die Jungs fahren. Josua und ich laufen. Wir machen an vorher verabredeten Stellen Stopps und drehen von dort unsere Einstellungen. Jegliches Equipment haben wir auf dem Rücken. Immer wenn wir Aufnahmen wiederholen, muss die ganze Gang ihre Räder wieder den Berg hochschieben.

Die Strecke ist anfangs sehr steinig und technisch anspruchsvoll, dann führt sie über weitläufige Wiesen, auf denen die Bikes besonders viel Geschwindigkeit aufbauen. Anschließend führt der Trail wieder über steinige Pfade. An einem Steinbruch wartet der Bus auf uns. Wir haben eine Schaufel und eine Spitzhacke dabei. Über eine große Spalte im Steinbruch wollen die Jungs einen Sprung bauen. Mit Schritten abgemessen sind es etwa neun Meter bis zur Landung. Die Sonne brennt unbarmherzig auf uns herab. Tatang arbeitet mit der Spitzhacke durchgehend wie eine Maschine. Die anderen wechseln sich zu viert mit der Schaufel ab, der Rest arbeitet gar nicht. Sie sitzen daneben, klopfen Sprüche und werfen mit Steinen. Nach über einer Stunde ist der Sprung fertig. Unausgesprochen ist klar, dass Bill und Joel zuerst springen.

Nachdem Bill bei der Landung stürzt, wollen die anderen Peruaner nicht mehr springen. Mit seinem Hardtail konnte er sich bei der Landung einfach nicht abfangen. Joel ist nervös und springt dann trotzdem. Der Trail geht noch einige Kilometer den Berg herunter und endet dann an der Panamericana, die direkt nach Curahuasi führt. Die Jungs nehmen ihre Bikes und wir fahren mit dem Bus zurück über die Passstraße. Auf der Panamericana sammeln wir die Hälfte von ihnen mit dem Bus ein, da ihre Räder mal wieder kaputt sind.

Wie das Abenteuer in Peru weitergeht, könnt Ihr in der aktuellen Ausgabe #014 nachlesen! Also ab zum Kiosk Eures Vertrauens!

 


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Joel

Joel ist unser Einstieg in die Downhill-Gang von Curahuasi. Es ist der inoffizielle Kopf der Clique und der schnellste Fahrer. Er ist der unkomplizierteste Typ, den man sich vorstellen kann. Josua und ich können beide kein Wort Spanisch, daher ist Joel unser Dolmetscher.

Als Kind deutscher Missionsärzte lebt Joel Hassfeld seit einigen Jahren in Peru. Er ist 16 Jahre alt, geht hier in Curahuasi zur Schule und spricht fließend Spanisch. 2014 ist Joel bei den Peruanischen Downhillmeisterschaften in Lima in seiner Altersgruppe Dritter geworden. Das Downhillfahren ist sein Leben und er stachelt alle dazu an, öfter zu trainieren.

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Jhampier

Er ist der Spaßvogel der Gruppe. Keine Minute vergeht ohne einen dummen Spruch. Jhampi ist rotzfrech und vor seinem Humor ist keiner sicher. Auch über unsere miesen Spanischkenntnisse macht er sich grinsend lustig. Wenn es darum geht, Hand anzulegen und mit anzupacken, steht Jhampi lieber daneben und kommentiert. Er sorgt dafür, dass alle gute Laune haben und es nicht langweilig wird.

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Bill

Bill ist sehr schüchtern und spricht auch sehr leise, fast so als wäre es ihm ein bisschen peinlich, etwas zu sagen. Doch wenn er sein Hardtail unter den Füßen hat, ist er der wagemutigste Draufgänger von allen.

Wir wollen Bill für den Film in seinem Zimmer interviewen. Zusammen mit seinem besten Freund Jhampi warten wir eine gute halbe Stunde vor dem Lehmhaus, bis Bill uns schließlich hereinholt. Er hat Angst, dass seine Eltern es aus Scham nicht erlauben, das Haus zu filmen. Über eine klapprige, selbstgebaute Holzleiter hinter dem Haus gelangen wir in Bills Zimmer im zweiten Stock. Die Decke ist so niedrig, dass ich nicht aufrecht stehen kann. Bill sitzt auf seinem Bett. Das Fenster ist mit einem Pappkarton abgedeckt. Davor steht eine alte Musikanlage.

In Bills altem Kinderbett liegen jetzt seine Klamotten, daneben ist ein kleines nicht mal hüfthohes Regal, auf dem ein paar Schulhefte liegen. An der Wand darüber hängt ein Downhilltrikot und eine Medaille. Wir müssen leise sein beim Interview und dürfen uns möglichst nicht bewegen, da sonst Sand und Staub durch die großen Ritzen zwischen den Holzdielen ins Zimmer seiner Eltern regnet. Dass uns Bill sein zu Hause zeigt, ist etwas Besonderes und nicht gewöhnlich in Peru. Mit weißer Farbe hat Bill an seine aquamarinfarbene Wand die Initialen DH gemalt.

Tatang

Es ist fünf Uhr morgens und die Berge sind in dichten Nebel gehüllt, als wir an die Tür der Schlachterei klopfen. Ein grinsender Tatang öffnet uns. Er grinst immer, wenn er nervös ist. Tatang ist ruhig und zurückhaltend, aber vor allem sehr fleißig. Wenn es etwas zu tun gibt,   ist er immer derjenige, der als erstes anpackt und am härtesten arbeitet.

Jeden Tag vor der Schule, von drei bis sieben Uhr arbeitet Tatang hier, damit er sich ein Pausenbrot für die Schule, Klamotten und Ersatzteile für sein Fahrrad leisten kann. Er verdient in vier Stunden 10 Sol. Das sind etwa 3 Euro.

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