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Zu Gast bei Ben Walker

Ben Walker ist Produktmanager und Marketing Koordinator bei Scott Sports. Seit Jahren ist er für die Entwicklung der Gravity Produkte zuständig und da überrascht es nicht, dass man bei ihm zu Hause auch jede Menge Prototypen findet. Ben lebt mit seiner Frau in einem alten Bauernhaus in Champéry. Dort kann er all seine verschiedenen Interessen und Leidenschaften ausleben. Ben Walker ist nicht nur ein hervorragender Biker, er gehört auch zu den faszinierendsten Persönlichkeiten der Mountainbike Szene. Denn schon Kollege Mike Ross meinte: "Wäre ich ein Mann, dann wäre ich gerne so wie Ben Walker!"

Neben seinem Job ist Ben Walker ein eher exzentrischer Charakter, aber dennoch ein Mann, der seine Grenzen kennt. Er ist ein Naturmensch, der nichts mehr liebt, als von einem Abenteuer ins nächste zu stolpern, nichtsdestotrotz hat er so viel Marketingwissen und Geschäftssinn, dass er damit seine Leidenschaft finanzieren kann. Er ist ein Mann, der uns allen als Vorbild dienen sollte und eine Person, die man eigentlich nicht unsympathisch finden kann. Oder wie es unser Dirt Kollege, Mike Rose, formuliert hat:

„Wäre ich ein Mann, dann wäre ich gerne so wie Ben Walker!“

Am besten lernt man Ben kennen, indem man sich ein bisschen bei ihm zu Hause umschaut. Ich war schon einige Male dort, als ich für verschiedene Dirt Artikel in der Region war. Als ich auf das kleine Dorf zugefahren bin, saßen drei Adler in dem Feld neben der schmalen Gebirgsstraße, man konnte die Gletscher auf dem gegenüber liegenden Hang sehen und Bauern waren auf ihren steilen Feldern beschäftigt. Die Vorstellung allein lässt das Herz jedes Outdoor-Liebhabers höher schlagen, wobei das Gefühl schnell in Neid umschlagen könnte, wenn man die Tür zu Bens altem Bauernhaus öffnet. Eine Bleibe in der sich jeder Mountainbiker, Snowboarder oder Bergfanatiker sofort wohl fühlen würde. Und Walker ist ohne Frage eine der interessantesten Persönlichkeiten im Mountainbike Business (und auch einer der besten Fahrer) und ein Typ, den wir schon lange mal ausquetschen wollten. Man sagt ja, dass ein Hause sehr viel über die Person, die darin wohnt verrät – also wollte ich mich bei meinem letzten Trip doch mal etwas genauer umschauen.

DER ORT

Das Haus liegt hoch über Champéry (Schweiz), einem Ort der gleichbedeutend mit der schwersten und steilsten MTB Strecke überhaupt ist, schließlich denken wir dabei alle an Danny Harts emotionalen Sieg von 2011. Walker hat eine große Rolle bei diesen Weltmeisterschaften gespielt und seine Truppe an Streckenbauern hat die bestehende Strecke zu dem gemacht, was sie ist. Außerdem ist Walker u.a. für die grandiosen Trails in Morgins verantwortlich. Wenn Ben so über das Tal auf die „Dents du Midi“ blickt, dem markantesten Berzug der Region, dann sieht man ihm deutlich an, dass er hier niemals wieder weg will.

Direkt vor der Haustür fällt das Land steil ab, wenn man also aus dem Küchenfenster blickt versperrt einem nichts die Sicht. Hinter dem Haus geht es durch große Scheunentore direkt in die Berglandschaft, auf eine riesige Almwiese mit direktem Zugang zu den Trails. Hier hat man wahrhaftig einen Hinterausgang, weg von der Normalität und direkt frei in die Berge.

Bei meinem ersten Besuch haben wir den Abend bei Bens Nachbarn verbracht mit ein paar Bieren und einer Mini Rampe. Nach und nach haben sich immer mehr Leute angeschlossen, die gerade von den Trails oder der Arbeit gekommen sind. Was für eine Bergidylle, wenn man das Beste aus dem Tag raus holt und eine riesige Gruppe von Gleichgesinnten um sich herum hat mit denen man jeden Abend ausklingen lassen kann, gemütlich bei ein paar Bier und mit einer Session auf der Mini Rampe.

Das Haus

Die Bleibe der Walkers spiegelt Bens Persönlichkeit wider, sie ist unübersehbar und manchmal hektisch. Ben lebt mit seiner Frau in einem kleinen Teil des alten Bauernhauses, ihr Wohnbereich (in Form von Küche, Wohn- und Schlafzimmer) nimmt vielleicht gerade mal ein Fünftel der Gesamtfläche ein. Es ist ein wirklich beeindruckendes alten Holzhaus von 1785 und Walker erzählt: „Es wird mich überleben und falls ich mal Kinder haben sollte, wird es auch sie überleben“.

Der Rest des Hauses liefert den Platz für jede einzelne von Bens Leidenschaften (und da gibt es wirklich viele). Im Prinzip is es ein riesiger Sammelpunkt für all die vielseitigen Interessen – der eigentliche Wohnbereich dient eigentlich nur als ein Platz, um sich zwischen all den Hobbies auch mal ausruhen zu können. „Ich habe immer davon geträumt alles zu Hause zu haben, damit ich nicht erstmal losziehen muss, um Schrauben oder Holz oder Stoff zu kaufen, wenn ich an irgendetwas arbeiten möchte. Ich wollte immer alle Werkzeuge parat haben, damit ich jede Idee einfach umsetzen kann, egal ob ich ein T-Shirt entwerfen, einen Dämpfer bauen…oder mit der Kettensäge einen Baumstumpf bearbeiten will.“

Laut Walker ist das Haus aber noch lange nicht fertig. „Wir sind noch nicht soweit, weil noch nichts geordnet ist, alles liegt einfach rum, aber das wird schon.“ Der leicht verfallene Eindruck kommt daher, dass das Haus schon hunderte Jahre alt ist. Es wird noch einige Zeit dauern bis Bens Vorstellung von seiner Bleibe Realität wird. „Als ich angefangen habe, musste ich erstmal 30cm an 100 Jahre altem Kuhmist raus schaufeln. Gar nicht so einfach eine 300 Jahre ale Scheune in ein bewohnbares Haus zu transformieren. Es gibt noch so viel zu tun…das Projekt wird locker 20 Jahre dauern!“

Das CHAOS

Sowohl Ben als auch Corinne entschuldigen sich für die Unordnung, aber wenn man sich so umguckt stellt man schnell fest, dass ihr Horten durchaus Sinn ergibt. Das Haus ist riesig und verlockt gerade dazu sinnlosen Müll anzuhäufen, aber diese riesigen Haufen an Zeug sind tatsächlich mehr Grundlage als Müll. Ben hat wirklich unzählige Snowboards von Unity (für die er als Testfahrer fungiert) und obwohl hier wirklich dutzende liegen fährt sich jedes eben ein bisschen anders. Daneben stapeln sich Skateboards aus Bens „altem Leben“, die er mittlerweile nicht mehr benutzt, weil er einfach viel zu viele Hobbies hat.

Rund um das Haus wird man immer wieder an Walkers Outdoor-Leidenschaft erinnert. Ausrüstung hier, Boards da und überall Fahrräder. Das Obergeschoss ist dabei vielleicht die größte Überraschung. Zwischen Reifen und Motorrädern findet man hier alte Landwirtschafts-Geräte, Relikte aus dem frühere Leben des Hauses.

Über der Tür hängt Bens wertvollster Besitz, sein BMX.“Es ist ein Robinson 24″ Cruiser und ich habe darauf Bunny Hops gelernt. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, weswegen es für mich so wertvoll ist.“ Ben Walker ist im sonnigen Arizona (USA) groß geworden, wo eigentlich jeder durch BMX den Einstieg auf zwei Räder gefunden hat. „Ich habe erst einen Holzklotz genommen und bin darüber gesprungen. Am Ende hab ich’s über 17 Klötze geschafft. Das war der Tag, an dem ich den Bewegungsablauf komplett verstanden habe“.

Als Walker nach Durango (Colorado) gezogen ist, wo er ein paar der frühen Helden der Mountainbike Szene getroffen hat, ist er auf MTBs umgestiegen (aber erst nach einer kurzen Karriere als Tennis Spieler). Dort war Walker schwer davon beeindruckt auf welchem Niveau die Leute dort gefahren sind. „In Durango waren irgendwie alle super schnell und dort waren jede Menge World Cup Mechaniker und John Tomacm Missy Giove, Myles Rockwell, Greg Herbold und all diese Leute, all diese verrückten Fahrer. Im Vergleich zu den anderen war ich einfach unglaublich schlecht und erst als ich jahrelang jeden Tag auf dem Bike saß wurde ich einigermaßen gut. Ich habe echt eine Menge gelernt und als ich dann hierher gekommen bin war ich schon eine Art Experte im Vergleich zu den hiesigen Locals – alles nur, weil ich in Durango genau zugeschaut habe“.

Walker hat Finanzwissenschaften studiert (wenn er nicht gerade auf dem Fahrrad saß oder den Grateful Dead hinterher gereist ist) und gerade das dient vielleicht als Beispiel, um zu zeigen was noch alles in ihm schlummert: Verrückter Wissenschaftler und Outdoor-Fanatiker von außen, Business-Mann von innen. Er ist ein intelligenter und angeknipster Typ und hinter seinen langen Haaren und dem aufgedrehten Blick steckt jemand, der ein umfassendes Verständnis des Mountainbike Marktes hat und genau weiß, was er braucht.

SINGER 1914

Auf der mittleren Etage ist der Walker Haushalt in zwei Teile geteilt. Zum einen in den Wohnbereich, zum anderen gibt es dort eine Art Kreativ-Bereich. Letzterer ist mit den Überresten von Walkers vermutlich seltsamsten Hobby bestückt, seiner Nähmaschinen-Sammlung. Walker entwirft und verfeinert Bekleidung und Protektoren für Scott, von daher ist es eigentlich wenig überraschend, dass so ein Macher wie er auch die entsprechende Ausrüstung parat hat. Von riesigen Ledernähmaschinen bis hin zu Antiquitäten ist alles dabei, Ben hat für jeden Job das richtige Gerät. Er sitzt gebeugt über seiner Lieblingsnähmaschine, einer Singer von 1914, die eine Rolle bei der Kreation eurer Knieschoner gespielt hat (falls ihr Scott Protektoren tragt). Während wir quatschen sitzt er an seinem neustem Werk, einer „Shit Bag“ aus einem alten Banner, die er für seine Werkzeuge benutzen will. Er könnte wohl nicht den ganzen Tag so verbringen. „Die Nähmaschine ist eigentlich nur dazu da, um Zeug zu erledigen, zu testen, Sachen eben schnell zusammen zu nähen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob mir Nähen überhaupt Spaß macht, aber mir gefällt es eben zu basteln und Dinge zu verbessern.“

In diesem Bereich des Hauses wird wieder mal die Exzentrizität des Bewohners deutlich, besonders wenn man einen Blick auf Bens neuste Anschaffung wirft, seinem T-Shirt Drucktisch. Ben gehört zu diesen rastlosen Persönlichkeiten, die irgendwie immer beschäftigt sein müssen und wenn sein unendlicher Einsatz bei Scott immer noch nicht genug ist, dann widmet er sich in seiner Freizeit eben noch ein paar T-Shirt Designs für sich und seine Bike Crew. Das Motto der Gruppe lautet „No Fun, Just Risk“ – was natürlich ironisch gemeint ist.

Die Männerhöhle

Die Kirsche auf der Sahnetorte des Walker Haushalts findet man unten im Fahrrad Lager. Hier erklärt Ben, wie sehr es ihn fasziniert an verschiedenen Bike Parts zu tüfteln und die Performance von jeder einzelnen Komponente zu verbessern. Egal, ob er alles Unnötige wegschneidet oder ein komplett neues Teil malträtiert, er ist von der Verbesserung besessen. Ein großer Teil der Entwicklung im Gravity Bereich von Scott basiert eben auf dem Testen unter realen Bedingungen. „Man muss einfach spüren, wie sich die Zahlen auf dem Computer anfühlen“. Er legt dabei großen Wert auf das richtige Fahrgefühl, statt sich nur auf Zeichnungen und theoretische Szenarien zu verlassen.

Die Werkbank liegt voll mit Teilen von Prototypen, einige noch viel roher als andere, und der Fahrradständer ist vollgestopft mit allen Arten von Bikes – von Dirt Jump bis reinrassigen Downhill Boliden. Während es oben an den Textilien gearbeitet wird, geht es unten der Hardware an den Kragen.

Bens letztes Projekt war die Verbesserung (und die Umstellung auf 27,5″) des Scott Gamblers. Während in der Ecke ein paar ausgiebig getestete Prototypen liegen, steht das fertige Produkt im Fahrradständer mit frischem Matsch von den Trails, die Ben selbst gebaut hat. Seine Frau Corinne fährt einen weiteren Prototyp und laut Ben spielt sie eine Schlüsselrolle im Test-Prozess. „Sie ist eine großartige Testfahrerin. Wenn ich zum Beispiel einen Dämpfer bekomme, der bei Brendan Fairclough super läuft, dann stelle ich sicher, dass auch Corinne damit klar kommt. Wenn ich die Federung auch auf sie perfekt einstellen kann, dann weiß ich, dass ich eine brauchbare Bandbreite habe.“

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