TREK REMEDY 9.8 29
Text: Steve Jones
Fotos: Steve Jones und Laurence Crossman-Emms
Obwohl die meisten von uns wissen, was sie von einem Mountainbike erwarten, kursieren so viele Definitionen und Begriffe in der Bikewelt, dass bei manch einem eine gewisse Unsicherheit entsteht. Mitunter belügt man sich bei der Auswahl des richtigen Bikes selbst und opfert Hab und Gut für einen fahrbaren Untersatz mit viel Federweg, der nur ein oder zwei Mal im Jahr so richtig gefordert wird. Die restliche Zeit des Jahres wäre ein Bike mit weniger Federweg ausreichend gewesen.
Die Wahl des richtigen Bikes ist tatsächlich nicht so einfach! Viele glauben, dass ein Bike mit mehr Federweg besser sei. Und da die großen Bikes mit 170 mm Federweg inzwischen genauso leicht bzw. schwer sind wie ihre 140 mm Kollegen, fühlen sich viele dazu animiert, das Rad mit dem größeren Federweg zu kaufen, obwohl ein 140 mm Bike für den mittelgebirglichen Alltag eigentlich die bessere Wahl wäre. Hinzu kommt, dass einige 140 mm Bikes sogar besser funktionieren als ein 170 mm Bike. Und genau an diesem Punkt kommt das Trek Remedy 9.8 29 ins Spiel!
Form und Einsatzzweck
Noch im letzten Jahr führte Trek das Remedy 29 in der Kategorie „technical trail“, bis die Teamfahrer Tracy Moseley und Justin Leov in der Enduro World Series die Allrounder-Qualitäten des Bikes deutlich machten. Seitdem gehört es nun in die Kategorie „Enduro“. Zu Recht, wie wir finden, denn es ist das Bike für alle Fälle, das nur wenig Konkurrenz hat.
Das Trek Remedy hat dank Tracy Moseley mittlerweile World Champion Status und Justin Leov gewann ebenfalls zahlreiche Stages auf diesem Rad. Interessant daran ist, dass sich beide Teamfahrer für die größeren Laufräder entschieden haben (denn das Remedy gibt es auch mit 27,5“ Laufrädern). Allerdings mussten sie, um auf den Trails dieser Welt mithalten zu können, einen stabileren Laufradsatz sowie eine Fox 36 Gabel einbauen. Eine gute Wahl wie wir finden.
In der Standardausführung ist das Trek Remedy 9.8 sofort auf dem Trail einsatzbereit. Entscheidet man sich allerdings für den Einbau einer 150 mm RockShox Pike oder einer Fox 36 sowie stabilere Laufräder, dann ist das Bike deutlich leistungsfähiger. Bedenkt man, dass das Remedy nur knappe 12 kg auf die Waage bringt, dann wird es auch mit den o.g. Umbaumaßnahmen die 14 kg Marke nicht übersteigen. Erhältlich ist das Bike in fünf verschiedenen Größen, mit einem Flip Chip, mit dem man das Tretlager absenken bzw. erhöhen kann. Der Hauptrahmen ist aus Carbon, während die Kettenstreben aus Alu gefertigt sind.
Federung
Das Remedy glänzt eindeutig mit seinem brillanten Dämpfungssystem! Im Herzen der 140 mm arbeitet das von Trek entwickelte Re:aktiv System, das eine beachtliche Low Speed Compression bietet, aber gleichzeitig im Bereich der High Speed Comression flüssig arbeitet. Im Sommer hätte ich mir vielleicht ein wenig mehr Agilität gewünscht, aber im Winter, wenn nichts über eine gute Traktion geht, hat das Bike einen unglaublich guten Grip gegenüber der Standard DRCV-Luftkammertechnik.
Bei diesem gut arbeitendem Fahrwerk dürfte die Frage nach der passenden Gabel doch recht einfach zu beantworten sein!? Weit gefehlt. Wir fuhren das Bike mit etwas größeren 160 mm Gabeln, da der Hinterbau so effizient und leistungsstark arbeitet, dass das Bike regelrecht nach einem höheren Federweg an der Front schreit. Und genau hier findet die Transformation vom Trail- zum Enduro-Bike statt! Eine größere Gabel wirkt sich unmittelbar auf das Tretlager und das Steuerungsverhalten aus, ebenso wie die unterschiedlichen Gabel Offsets. Das tiefere Tretlager empfanden wir dabei als perfekt.
Wir fuhren das Bike mit etwas größeren 160 mm Gabeln, da der Hinterbau so effizient und leistungsstark arbeitet, dass das Bike regelrecht nach einem höheren Federweg an der Front schreit.
Komponenten
Das Remedy in carbon smoke/ viper red ist eines der auffälligsten Bikes der Trek-Linie und wird mit ein bisschen SRAM-Rot und Schwarz noch abgerundet. Der Antrieb wird von der X1-Gruppe aus dem Hause SRAM gestellen, Bonträger liefert Reifen, Sattel, Lenker, Vorbau und der Sattel wird mit Hilfe der RockShox Reverb Stealth abgesenkt. Die brillanten Shimano XT bremsen zuverlässig und bei den Laufrädern hat SRAM extra eine 148 mm Hinterradnabe am Roam 30 Laufradsatz verbaut.
Fahreindruck
Bevor ich mich dem Remedy widmete, war ich einen Monat lang mit 27,5“ Bikes beschäftigt und ich dachte, der Wechsel zu den größeren Laufrädern würde schwieriger sein. Aber das war es nicht! Das ruhigere, schnellere und ausbalancierte Fahrgefühl machte sich sofort bemerkbar. Das Bike rollte einfach und ich konnte mich voll und ganz auf die Trails konzentrieren. Das Remedy ist ein tolles Bike und man sollte sich nicht an den großen Laufrädern stören.
Die Kombination aus 29“ Zoll Rädern und Re:aktiv Dämpfungssystem lassen das Trek Remedy 9.8 easy mit gröberem Terrain klarkommen, vor allem wenn eine Gabel mit mehr Federweg eingebaut ist. Egal ob Pike oder FOX mit 150 oder 160 mm – das Remedy bewältigt jedes noch so raue Gelände. Und dabei rollt es extrem leise!
Die Stärke des Remedys offenbart sich vor allem auf großen Touren – sowohl bergauf als auch bergab – mit einer guten Mischung aus Singletrails und Abfahrten. Hierbei bietet es einfach mehr als ein 165 mm Bike, das vielleicht genauso schnell den Berg hochkommt und sogar etwas schneller bergab ist, dem aber das gewisse Extra auf einem welligen Trail oder einer Rennstage fehlt. Mit dem Remedy ist man auf technischen Anstiegen bestens ausgerüstet und fährt selbst bei feuchten Bedingungen wie auf Schienen um die Kurve.
Einschränkungen
Die hintere Boost148 Achse wurde eigentlich entwickelt, um das Hinterrad besser zu stützen, allerdings fehlt es ihr ein wenig an Antrieb und sie kommt mit einem leichten Flex, auf den man gern verzichten kann. Auf rauem Gelände oder wenn es stark in die Kompression ging, gab besonders das Vorderrad etwas nach. Ich dachte zuerst, es läge am Reifen, der etwas Spielraum hat, aber ich glaube, es liegt am Flexen des Laufrades sowie am leichten Rollen des Reifens.
Das liegt vor allem daran, dass Federung und Fahrwerk mehr leisten können als andere 140 mm Bikes. Um dem gegen zu wirken, könnte man zum Beispiel stärkere Reifen aufziehen. Neulich hatten wir ein paar maßgefertigte 32 Loch 148 mm Achsen von Hope eingebaut, weil das Rad so viel mehr Potenz hat, als wir ursprünglich annahmen. Ich musste mich sehr zurückhalten, das Rad nicht übertrieben zu tunen. An der Geometrie des Bikes gibt es kaum etwas auszusetzen, allerdings käme man noch besser um die Kurven, wenn das Tretlager etwas mehr abgesenkt wäre.
FAZIT Trek Remedy 9.8 29
Das Remedy vereint viele gute Eigenschaften in sich: Das leise Fahrgeräusch, die Winkel, die Größe, der Federweg, die Fahreigenschaften, das niedrige Gewicht, die steife Front und die Kettenstreben aus Alu – und natürlich der sehr gut arbeitende Hinterbau. In heutigen Zeiten, in denen Federwege größer und Gewichte immer kleiner werden, müssen Bikes einfach jeden Millimeter ihres Federwegs gut nutzen können. Unzählige schwache oder langsame Bikes mit großem Federweg haben wir schon gesehen, das Remedy hingegen liefert einfach ein gut entwickeltes und fortschrittliches Dämpfungssystem. Und genau DAS ist sein Vorteil! Es bietet Geschwindigkeit, Grip und genau dort eine gute Performance, wo Longtravel-Bikes nicht mithalten können.
Die verbauten Laufräder waren nur dann „problematisch“, wenn man in heftiges Steingepolter kam, sonst sind die SRAM Räder gut. Ich bin etwas erstaunt, dass der Standard-Laufradsatz so gut durchgehalten hat. Die 140 mm Pike funktioniert solange einwandfrei, bis man merkt, dass das Bike noch viel mehr Reserven hat, die man mit einer größeren Gabel noch herauskitzeln kann.
Falls manch einer immer noch nicht von den 29“-Laufrädern überzeugt ist: Die Umstellung ist wirklich kein großes Ding! Aber greift bitte nicht zur 27,5“ Variante, bloß weil die Kumpels es tun. Genehmigt euch eine lange Testfahrt auf dem Remedy, gewöhnt euch an ein neues Timing und haltet eure Erwartungen an neue Bikes generell in Grenzen! Denn bei diesem Bike geht es um so viel mehr als nur die Radgröße: D as geringe Gewicht von 11,88 kg, der angemessene Preis sowie die Tatsache, dass es derart ruhig auf hartem Gelände ist und kein nerviges Carbon-Knarzen das Fahrgefühl stört.
Specs
Farben: Carbon Smoke/Viper Red
Rahmen: Trek Remedy 9.8 29”
Federgabel: RockShox Pike RC Solo Air
Dämpfer: Fox Performance Series Float, DRCV, RE:aktiv
Größen: 15,5/17,5/18,5/19,5/21,5“
Laufräder: SRAM Roam 30 mit Tubeless-Felgenband und -Ventilen
Reifen: Vorne: Bontrager XR4 Team Issue, Tubeless Ready, Aramid-Wulstkern (faltbar), 29×2,30″; hinten: Bontrager XR3 Team Issue, Tubeless Ready, Aramid-Wulstkern (faltbar), 29×2,30″
Schalthebel: SRAM X1, 11fach
Schaltwerk: SRAM X1 TYPE 2
Kurbelgarnitur: SRAM X1 1400 X-Sync, Boost148-Spider (32 Z.)
Kassette: SRAM XG-1180, 11fach (10-42 Z.)
Kette: SRAM PC-1130
Sattel: Bontrager Evoke 3, Sattelstreben aus Titanrohr
Sattelstütze: RockShox Reverb Stealth, 2-Schrauben-Klemmkopf, 31,6 mm, kein Versatz
Lenker: Bontrager Rhythm Pro Carbon Riser, 31,8 mm, 15 mm Rise
Vorbau: Bontrager Rhythm Pro, 31,8 mm, 7 Grad
Steuersatz: FSA IS-2, E2, Aluminium-Spacer
Bremsen: Hydraulische Shimano Deore XT-Scheibenbremsen
Lenkerband / Griffe: Bontrager Rhythm, Doppel-Schraubklemmung
Preis: 5.199 EUR