Beyond the Bike | Kelly McGarry
In dieser Folge von Beyond the Bike werfen wir einen Blick auf die Welt von Kelly McGarry. Mit seinem Backflip über das Canyon Gap bei der Red Bull Rampage 2013 hat er Superstar-Status erreicht.
McGazza ist die Mountainbike Version eines sanftmütigen Riesens. Mit 1,95m ist er locker einen Kopf größer als die meisten seiner Kollegen. Diese Körpergröße geht aber mit einem großen Herz einher und Kelly ist einer der nettesten und bodenständigsten Typen, der einem auf zwei Rädern begegnen wird. Seine wilden, blonden Haare umrahmen ihn wie eine sonnige Aura. Sein Zahnpasta Lächeln und sein albernes Auftreten eilen ihm voraus, egal ob er Fremde im Lift zuquatscht oder sich auf seinen siebten Espresso am Morgen freut.
Obwohl Kelly zu den Persönlichkeiten mit dem größten Wiedererkennungswert der Mountainbike Szene gehört, hatte er eigentlich nie vor Profi-Athlet zu werden. Als er in Queenstown aufgewachsen ist, diente sein mit Flatterbändern dekoriertes Fahrrad hauptsächlich als Transportmittel. Er hat zwar wie die meisten Kids viel auf BMX Bikes rum probiert, dabei gingen seine Ambitionen aber nie über den örtlichen Jump Spot hinaus. Mit zunehmender Körpergröße wurde das BMX unpraktisch und Kelly stellte auf Mountainbikes um.
Während Kelly immer Spaß daran hatte mit seinen Jungs Biken zu gehen, wurde er dazu erzogen mehr als nur seine Heimatstadt zu erkunden. Er hat alles daran gesetzt, um einzigartige Orte zu bereisen und Erfahrungen mit verschiedenen Kulturen zu sammeln. Nach seiner fünfjährigen Schreinerausbilding hat Kelly sechs Monate mit seinem Vater auf Fidschi verbracht, um dort Häuser zu bauen. Zu dieser Zeit hat er auch seine Leidenschaft fürs Surfen in wärmeren Gefilden entdeckt. Weitere Reisen nach Zentralamerika und Mexiko haben in ihm die Abenteuerlust geweckt. Obwohl Wellen und Meer sehr verlockend sein können, ist Kelly dennoch immer wieder zum Mountainbiken zurück gekehrt.
Genau wie die meisten Mountainbike-Begeisterten, hat auch er von den berühmten Trails des Whistler Bike Parks geträumt. 2006 hat er sich dann auf die Reise um die halbe Welt begeben, um dem „Endless Summer“ hinterher zu jagen. Zu dieser Zeit war der Crankworx Slopestyle noch ein offenes Event, also konnte jeder bei der Qualifizierungsrunde teilnehmen. Kelly hat sich aus Spaß angemeldet und alle damit überrascht, dass er es tatsächlich ins Finale und auf einen respektablen 18. Platz geschafft hat. So wurden auch die Hersteller auf Kellys einzigartigen Big Mountain Style aufmerksam, auf seine außergewöhnliche Persönlichkeit und sein einzigartiges Aussehen – der Rest ist Geschichte.
Während Kelly beim Crankworx Erfolge feierte, bliebt das Glück bei der Red Bull Rampage aus. Ein Crash vom Icon Sender 2010 verhinderte seinen Einzug ins Finale. Beim Training 2012 verletzte sich Kelly am Bein und musste den kompletten Wettkampf als Zuschauer aussitzen. Aber 2013 kam dann alles anders. Diese Red Bull Rampage ging in die Geschichte ein – und zwar aus diversen Gründen. Es gab schwere Verletzungen. Die Wetterbedingungen waren grausam und schließlich so schlecht, dass die Veranstaltung abgebrochen werden musste. Aber bevor Mutter Natur die Party beendet hat, konnte sich Kelly McGarry seinen Platz als Bad Ass sichern.
Schon als er das berühmt berüchtigte Canyon Gap zum ersten Mal in Virgin gesehen hat, war ihm klar, dass er einen Backflip versuchen wollte. Dabei hat die schiere Größe des Gaps schon einige Fahrer abgeschreckt. Man muss berücksichtigen, dass es sich hier um einen richtigen „Canyon“ handelt; die potentiellen Konsequenzen und allein der Gedanke einen 22m Sprung zu flippen, all das nagt erheblich an den Nerven. Kellys Bautrupp, der von seiner Freundin angeführt wurde, hat sicher gestellt, dass er die bestmögliche Line hat, um diesen massiven Sprung anzufahren. Nach den ersten Versuchen wurde noch etwas modifiziert, bis die Anfahrt wirklich perfekt war. „Es war so viel besser als die letzten Jahre. Ich hab den Sprung einfach genommen und während ich kopfüber in der Luft hing dachte ich „bleib ganz ruhig und lande das Ding“. Selbstverständlich hat dieser Sprung Kellys Status in der Bike Welt auf einen vollkommen neues Niveau gehoben. Die GoPro Aufnahmen von seinem Lauf wurden nach einem knappen Jahr schon über 21 Millionen Mal angeklickt.
Kellys Erfolg ist ihm dabei aber nicht zu Kopf gestiegen, auch wenn er gerne darüber Scherze macht. Lachend meint Kelly, „Ja, ich denke schon, dass ich ein gutes Aushängeschild für Haar-Pflege wäre. Ich benutze jeden Tag Conditioner!“. Mit einem Typen wie Kelly muss man einfach gerne zusammen arbeiten. Jon Kennedy, Team Manager vom Team Diamondback, hat schon seit über fünf Jahren mit Kelly zu tun. „Kelly ist durch und durch professionell. Er ist sehr entspannt und angenehm im Umgang und trotzdem hängt er sich bei Foto- und Videoshoots mehr rein als jeder andere.“
Mit 32 Jahren ist Kelly an der Spitze seiner Karriere. Er bekommt immer noch Cover. Er bringt die Leute zum Lachen und zeigt, dass man auch beim Mountainbiken nicht alles so ernst nehmen muss. Es gibt nicht eine schlechte Sache, die man über diesen Typen sagen könnte. Die Kids sollten sich Kelly zum Vorbild nehmen. Denn obwohl der sanftmütige Riese nicht das Vorbild war, nach dem die Mountainbike Welt gesucht hat, sollte sie trotzdem dankbar sein so jemanden zu haben.