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Kolumne – Die Auswahl hat uns verdorben

Ich werde es einfach mal sagen: es gibt viel zu viel Auswahl, und zumindest ich bin davon wirklich überrumpelt. Egal, wohin ich mich wende, überall wird von mir erwartet, dass ich mich entscheide. Das ganze Leben besteht aus einer Reihe von Verbraucher-Fragen, die alle nach einer Antwort verlangen. Es gibt wirklich keinen Bereich des modernen Lebens, der nicht mit einer verwirrenden Menge an Entscheidungen verknüpft ist.

Illustration © Jon Gregory

Das Leben ist wie ein riesiger Supermarkt, der mit einer irreführenden Menge an Optionen vollgestopft ist, die alle nach einer Entscheidung schreien. Es gibt dutzend verschiedene Sorten von Brot, fünfzig Arten von Käse und hunderte Cornflakes Marken, es liegt mehr abgepacktes Fleisch in der Auslage als freitagnachts beim Döner-Laden. Falls du es letztendlich schaffst, herauszufinden welcher Einkaufskorb wirklich deinen Wünschen entspricht, kannst du die Auswahl dennoch anzweifeln.

Ich werde von dieser Auswahl gelähmt. Sie ist alles andere als befreiend. Uns wird gesagt, dass wir frei konsumieren können, dass wir uns und unsere Identität produzieren und manipulieren können mit Hilfe der schier unendlichen Farbpalette an Dingen, die wir wollen, egal welche kleine Niche einer Niche für unsere verschwenderischen Ansprüche erfunden wurde. Es ist vielleicht einfacher sich über seinen Konsum zu definieren, aber was ist, wenn wir gar nicht wissen wer wir sind? Und genau das bringt mich zum Thema Mountainbikes.

Wenn Vielfalt die Würze des Lebens ist, dann ist Mountainbiken das All-you-can-eat-Buffet des Fahrradfahrens. Fahrräder sind keine Fahrräder mehr, sondern Fallen. Jeder Hersteller hat eine verwirrende Bandbreite an Fahrrädern in Federwegs-Abstufungen von 10mm. Dabei ist jedes Modell in zahlreichen Farben, verschiedenen Laufradgrößen und mit unterschiedlichen Ausstattungen erhältlich. Es geht nicht mehr darum, sich für die Marke, die einem gefällt, zu entscheiden, oder darum, welche Art von Mountainbiken man betreiben will, oder wie viel man sich leisten kann. Stattdessen geht es darum, das Fahrrad zu finden, das einen ergänzt.

Ich habe keine Ahnung, ob dieses Bike besser ist als jenes Bike, weil es ein bisschen anders aber dann doch irgendwie gleich ist. Und ich will auf keinen Fall die falsche Entscheidung treffen, weil ich mich dann immer fragen werde: „Was wäre wenn ich das Andere genommen hätte? Oder sogar dieses Andere-Andere oder doch das Andere-Andere-Andere?“. Ich kenne nicht viele Biker, die mit ihrem Fahrrad vollends zufrieden sind. Natürlich wird ein Teil davon auch durch die über-schnelle Kreation von immer neueren Dingen verstärkt und die Enthüllungen von morgen lassen die Entscheidungen von gestern dumm aussehen. Wir werden in einen Tornado verschwenderischer Lust gesogen, aber in Wirklichkeit können wir niemals sicher sagen, ob wir wirklich die ideale Entscheidung getroffen haben. Wir werden immer von der Reue unseres Kaufs getrieben, weil ein anderes Fahrrad vielleicht doch noch ein klitzekleines bisschen besser ist als unseres.

Ich glaube, dass uns die Auswahl verdorben hat. Vor 15 Jahren konnte man noch nicht unter so vielen Trails wählen. Man konnte sich glücklich schätzen, wenn man eine Handvoll von kaum fahrbaren Trails kannte, die ein paar gute Singletrail Sektionen hatten und auf denen die Chance relativ gering war, von Bauern erschossen oder Spaziergängern attackiert zu werden. Heute gibt es so viele gute Strecken, dass viele sie als selbstverständlich ansehen.

Und auch auf dem Trail muss man einen Überfluss an Entscheidungen treffen: brauche ich noch einen Klick bei der Zugstufe? Sollte ich meine Jacke anbehalten oder doch die leichte Softshell anziehen? Der Wetterbericht hat Regen angesagt, sollte ich deshalb andere Reifen aufziehen, wenn ich nach Hause komme? Ist mein Kettenblatt klein genug, oder groß genug? Sollte ich dieses Instagram Bild von meiner Tour jetzt posten oder wenn ich zurück komme? Welche Hashtags sollte ich benutzen? Vielleicht sollte ich nächstes Mal ein blauen Fahrrad ausprobieren? Oder vielleicht steht mir schwarz doch besser.

Wir haben zu wenig Zeit im Leben, um uns über jedes Detail unserer Identität ständig Gedanken zu machen. Mountainbiken war doch immer eine Ausflucht. Man hat zwei Möglichkeiten: fahren oder nicht fahren. Diese einfache Frage gibt es immer noch, aber jetzt existiert ein Haufen an Nebengeräuschen, den man erstmal ausblenden muss. Vieles davon spielt einfach keine Rolle. Eigentlich braucht man doch nur etwas Freizeit und zwei Räder.

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