Jared Graves hat uns einen Einblick in sein Rennfahrer-Leben und erzählt von den Downhill World Championships in Südafrika! Interessant dürfte vor allem sein Bike-Setup sein, mit dem er in Pietermaritzburg an den Start ging, denn er entschied sich als einer der wenigen gegen sein DH-Bike und fuhr mit seinem leichteren Enduro. Aber lest selbst, wie er die Championships wahrgenommen hatte:
„Das ganze Jahr über habe ich mich auf die World Championships in Pietermaritzburg gefreut; es war DAS Ziel im Downhill für die Saison. Alle anderen Rennen waren eigentlich nur dafür da, für das Nationalteam ausgewählt zu werden und nach Südafrika fahren zu dürfen. In Pietermaritzburg war der Druck natürlich enorm; ich hatte mich sehr auf dieses Rennen konzentriert. Dennoch konnte ich relativ entspannt an den Start gehen, da mein Fokus in dieser Saison ja eher auf Enduro lag.
Das Bike
Die meisten, die das hier lesen werden, wissen wahrscheinlich, dass ich mich im Gegensatz zu 99% der anderen Fahrer in diesem Rennen für ein anderes Bike entschieden habe. Anstelle meines DH Bikes fiel die Wahl auf mein Yeti SB66 Carbon. Das Setup des Bikes unterschied sich im Grunde nicht von dem, was ich auf den Rennen der Enduro World Series in diesem Jahr gefahren bin. Die einzigen relevanten Unterschiede hierbei waren die Fox Float 36 180mm Gabel vorne, Shimano Saint Bremsen und Kurbel und eine Shimano Ultegra 11-23 Kassette hinten. Auch die hydraulische Sattelstütze montierte ich für dieses Rennen ab, da an den Tretpassagen so viele Sprünge eingebaut waren, dass man überhaupt nicht zum kontinuierlichen Pedalieren kam. Und meiner Meinung nach sollte man auf den Pedalen stehen bleiben und alles geben, anstatt auf dem Hintern zu sitzen!
Am Ende des Tages gab es zwei gute Gründe, das SB66c zu nehmen. Erstens saß ich das ganze Jahr über auf diesem Bike; ich war einfach daran gewöhnt und habe mich auch gut damit gefühlt. Ich wusste, dass da Passagen kommen würden, bei denen ich mit dem kleineren Bike Zeit verlieren würde, aber genauso welche, bei denen ich diese wieder aufholen könnte. Und zweitens ist das SB66c sehr leistungsfähig. Ich war mir sicher, dass das Bike alles meistern würde, was der Track zu bieten hatte. Diese Kriterien erleichterten mir die Entscheidung.
Dienstag
Ich kam am Nachmittag direkt von der EWS in Frankreich an und fühlte mich sehr müde. Die Eliteklasse würde bis Donnerstag kein Training haben und so gab es vorerst kein Training für mich, so dass ich ein paar Tage fürs Spinning hatte, mit meinem SB66c auf dem Cross Country Kurs spielen und mich ein wenig entspannen konnte.
Mittwoch
Strecke ablaufen. Der Track hatte sich seit letztem Jahr kaum verändert, mit ein paar geringfügigen Veränderungen im unteren Bereich und vielen Sprüngen in der Tretpassage im mittleren Teil (damit man weniger treten musste). Ich war mir nicht sicher, wie sich diese Veränderungen auf mein kleines Bike auswirken würden. Gerade weil ich das Pedalieren brauchte und es eine der größten Stärken des Bikes ist. Durch die Sprünge würde ich aber auch schnell werden, vielleicht würde es das ausgleichen. Der größte Unterschied zum letzten Jahr war aber die Trockenheit der Strecke! Der gesamte Track war von oben bis unten mit Staub bedeckt; man fuhr fast wie durch Schlamm. Die Masters waren schon in der vorherigen Woche dran, wodurch der Track gut abgefahren war. Ich wusste, dass die Anfangspassage (viele Kurven, Steinfelder und technischen Sektionen) ziemlich gut mit meinem DH Bike zu fahren wäre. Aber das SB hatte mir dieses Jahr seine Einsatzmöglichkeiten bewiesen, vor allem wenn es haarig wurde. Alles in allem macht die Strecke aber echt viel Spaß und fast alle Fahrer hatte nur Positives zu berichten.
Diejenigen, die den Track vorher noch nie gesehen hatten, waren ein wenig am meckern. Er war viel schwieriger und eher wie ein „richtiger“ DH Track, als man es von ein paar Helmkamera-Runs im Internet gesehen hatte. Wenn man aber ein paar fette Jumps einbaut, so wird der Track zu einer wahren Championship-Strecke!
Donnerstag
Erstes Training. Ich gab mir heute Runs. Bei den ersten beiden entwickelte ich ein Gefühl für die Strecke; ich fand ein paar gute Lines und versuchte, sie in meinen Kopf reinzuhämmern. Dann veränderten wir den Reifendruck und stellten die Gabel anders ein, um dann zwei weitere Runs zu starten, bei denen ich richtig schnell wurde und alles springen konnte. Der trockene Schlittertrack war anfangs echt hart zu fahren, aber in den letzten zwei Runden fing ich an, ein Gefühl für alles zu entwickeln. Ich freundete mich mit dem Dreck an und mit der Zeit fühlte ich mich dort richtig wohl, was sich prompt bei den Sprüngen während des dritten Runs auszahlte und ich schlussendlich sehr zufrieden mit allem war. Ich hielt alles nochmal innerlich fest und konnte den Tag entspannt beenden.
Setup-Veränderungen
Mein Fahrrad benötigte so einige Veränderungen, für die ich aber aufgrund der Trainingszeiten keine Zeit hatte. Meine Gabel ging kurzerhand zu FOX, die ein paar interne Anpassungen vornahmen und der Gabel dadurch ein besseres Anprechverhalten verpassten. Ich entschied mich außerdem für eine komplette DH- Bereifung. Die Reifen mögen zwar ein bisschen langsamer sein, aber die leichteren EXO Sidewall Reifen waren einfach zu glatt an den Highspeed-Stellen, so dass ich in einigen Schlüsselpassagen nicht hart genug pushen konnte.
Was ich nicht verstehe: Warum wollen alle unbedingt leichte Reifen haben? Der Track hatte keine krassen Anstiege, bei denen leichte Reifen Sinn gemacht hätten. Die Strecke ist flowig und man hat konstant Speed, da kann ein bisschen Gewicht eigentlich nur dein Freund sein. Ein schwerer Reifen wird viel konstanter in Bewegung bleiben als ein leichter, somit macht ein schwerer, stabiler Reifen viel mehr Sinn. Außerdem fuhr ich wie immer Tubeless-Reifen, die mich die ganze Woche über nicht im Stich ließen. Es ist echt nicht einfach, einen steifen DH-Reifen auf tubeless umzusatteln, aber mein Supermechaniker mit den Bären-Pranken hat das ganz easy hingekriegt. Er brauchte nicht einmal Reifenheber!
Freitag
Zweiter Trainingstag. Das Training wurde auf 4 Stunden aufgestockt, was mir sehr entgegen kam. Mein Plan waren fünf Runs, noch schneller zu werden und in allen Sektionen volle Pulle zu geben. Nach dem heutigen Tag stand nur noch eine ziemlich kurze Trainingsrunde auf dem Plan. Es war also wichtig, auf mindestens 95% der Renn-Geschwindigkeit zu kommen, um zu wissen, wie es sich am Sonntag anfühlen würde.
Samstag
Seeding Run. Der Seeding Run ist eine gute Möglichkeit, sich auf zu wärmen und zu sehen, wie gut man mit den Anderen mithalten kann. Der Regen, der über Nacht gefallen war, hatte den Boden ein wenig aufgeschwemmt. Im ersten Fahrer-Drittel zu starten, war ein bisschen nachteilig, da der Boden aalglatt war. Mir machte es aber nicht allzu viel aus, da Sonntag der wichtigere Tag war. Schlussendlich landete ich auf dem 7. Platz, mit nur vier Sekunden Rückstand zum Erstplatzierten. In der oberen Sektion gab ich nur 90% und mein Puls blieb 20 Schläge unter dem Maximalbereich. Ich wusste, ich würde morgen viel mehr geben können und war sehr zuversichtlich! Eine gute dreiviertele Stunde machte ich noch Spinning, um meine Muskeln zu entsäuern und bekam eine Massage mit anschließendem Stretching. Danach relaxte ich den ganzen Abend mit hochgelegten Füßen und versuchte, nicht an den kommenden Renntag zu denken.
Sonntag
Renntag. Ich schlief wie ein Stein und wachte total fit auf, wie es sich für einen perfekten Start in den Tag gehört! Wir hatten noch eineinhalb Stunden Training und mein Plan war es, spätestens um 9 Uhr auf der Strecke zu sein, um als einer der Ersten zu fahren. Der Track war inzwischen getrocknet und ich wollte auf Nummer sicher gehen, wo ich Gas geben konnte oder es ein bisschen rutschig sein würde. Ich fuhr drei Runden. Mein letzter Lauf war perfekt und ich war so gut vorbereitet, wie ich nur sein konnte. Die darauf folgenden Stunden des Rumsitzens und Wartens waren ätzend! Du willst es einfach hinter dich bringen. Ich war ein bisschen nervös, hatte das aber gut unter Kontrolle. Im Gegensatz zu manch anderem, der rastlos mit verwirrter Mine hin und her wanderte. Körpersprache sagt echt viel aus; eine Erfahrung, die ich aus meinen 4Cross-Tagen mitgenommen habe. Schau selbstbewusst aus, verhalte dich selbstbewusst und sei es schließlich auch! Um 15:08 Uhr war meine Startzeit angesetzt und nach einer gefühlten Ewigkeit war es auch schon Zeit los zu gehen. Mein Warm-up war gut, mein Körper bereit. An meinen Trainingslauf erinnerte ich mich nur noch verschwommen. Der Track hatte sich seit meinem morgendlichen Training wieder ein wenig verändert und war sehr trocken und lose, genau so wie ich es mag! Ich wusste, dass man einigermaßen fit sein musste, um die Sprünge zu meistern und ordentlich in die Pedale zu treten, also versuchte ich, entspannt zu bleiben, um Kräfte zu sparen. Als ich zur Tretpassage kam, hatte ich meine Atmung immer noch gut im Griff und fühlte mich gut. Das war der vielleicht wichtigste Part des ganzen Rennens; wenn du bei den Sprüngen nicht richtig landest, verlierst du eine Menge Geschwindigkeit und verpasst den optimalen Tretmoment. Ich kam in einen guten Rhythmus, da ich nicht von Anfang an Vollgas gab und teilte mir meine Kraft ein. Am Ende der Tretpassage und der Sprünge hatte ich immer noch ein wenig Lunge und Kraft in den Beinen über. Einerseits fühlte ich mich, als ob ich nicht genug gegeben hätte, andererseits hätte ich aber gar nicht härter in die Pedalen treten können, sonst wäre ich bei jedem Sprung im Flat gelandet. Ich war in einer guten Position, um das Rennen stark zu beenden.
Ich gab alles was ich noch hatte, bis zur letzten Minute und trat in die Pedalen, wo immer ich konnte, während ich versuchte, von allen Bodenwellen fern zu bleiben. In den letzten zehn Sekunden realisierte ich, dass ich gerade einen wirklich guten Lauf hatte. Ich preschte weiter und passierte die Ziellinie mit 12 Sekunden plus, die schnellste Abfahrt zu dem Zeitpunkt. Mein Ziel waren vier Minuten gewesen und ich verpasste es bei einer Zeit von 4.01. Ich saß einen langen Nachmittag im Hot Seat, genau wie geplant!
Die nächste Stunde waren die folgenden Fahrer langsamer als ich. Ein paar kamen nahe an meine Zeit heran, aber ich führte trotzdem noch. Mit nur noch sechs Fahrern, die zu starten hatten, war es Mick Hannah, der meine Zeit schlug. Ich war natürlich ein bisschen enttäuscht, aber Mick ist sehr stark auf diesem Track und ging als Favorit ins Rennen. Es war keine Überraschung, dass er mich aus dem Hot Seat kickte. Von da an hoffte ich nur, dass meine Zeit noch für eine Medaille reichen würde, da dies mein großes Saisonziel gewesen war.
Mit nur noch drei Fahrern, kam Greg Minaar als Nächster und er heizte nur so herunter. Er verlor etwas Zeit in der Mitte, aber er war letztendlich mit einer Sekunde schneller als Mick Hannah und übernahm so locker die Führung.
Ich war nun in dritter Position und zwei Fahrer mussten noch starten. Maaaaaan!!! Ich will doch nur eine Medaille! Letztes Jahr beim World Cup wollte ich unbedingt unter die Top Five, aber ich landete am Ende auf dem sechsten Platz wegen einer fünftausendstel Sekunde! Das sollte nicht noch einmal passieren! Als hätte jemand meine Gebete erhört, stürzte Steve Smith. Aber das gehört nunmal zu den World Championships dazu! Alle hauen mehr rein als sonst und deswegen stürzen viele. Ich fühlte mit Steve mit, er hätte ein gutes Ergebnis verdient und fuhr so gut wie er konnte, es war nur einfach nicht sein Tag.
Dann kam Gee Atherton als letzter Fahrer und er war im ersten Teil schneller als ich! In der letzte Minute der Strecke sah er sehr angestrengt aus. Als er die Ziellinie erreichte und langsamer war als ich, wusste ich, dass ich mir den dritten Platz gesichert hatte und war mehr als glücklich! Ich konnte es nicht glauben, der Tag lief so, wie ich erhofft hatte und am Ende hatte ich meine erste World Championship Medaille! Yeeeeeah!
Ein besonderer Dank geht an meine Sponsoren! Zahlreiche Leute haben über die Jahre viel gegeben, um mich da hin zu bringen, wo ich jetzt bin!“
Setup
Rahmen – Yeti SB66c – medium
Gabel – Fox Float 36, 180mm @90psi
Dämpfer – Fox Float X @ 180psi
Laufrad – DT Swiss 240 hubs, Aerolite spokes, 500rims
Mantel — Maxxis minion 2.5 Front, 3C Maxx Grip @27psi – Rear Maxxis High Roller 2, 2.4 Maxx Grip @31psi, Both Ghetto/split tube tubeless
Kurbel– Saint 170mm
Bremsen – Saint, 200mm rotor front, 160mm rotor rear
Kassette – Ultegra 11-23
Schaltwerk – Saint
Gangschaltung– Saint
Kette – Saint 40t
Pedalen – Shimano prototype
Kettenführung – E-13 Lg1
Sattel – WTB Devo Yeti Team Edition
Sattelstütze – Thomson Masterpiece
Lenker – Renthal 740mm Fat Bar Lite, 50mm Duo stem
Griffe – ODI Ruffian MX
Headset – Chris King
Share