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Beyond the Bike | Eine Hommage an Stevie Smith

Fotos: Lacy Kemp | Reuben Krabbe | Laurence Crossman-Emms

Fünf Jahre sind vergangen, seit Stevie Smith im Alter von 26 Jahren an den Folgen eines Motorradunfalls in British Columbia starb. Die Downhill-Legende hat tiefe Spuren hinterlassen. Sein Vermächtnis lebt seitdem weiter, weil unzählige Erinnerungen von Pros, Freunden und Fans nach wie vor hochgehalten werden. Die unverkennbare Mischung aus Bescheidenheit und absolutem Sportsgeist macht ihn weiterhin zum Vorbild für viele, seine freundschaftliche Art hat nicht nur im Downhill eine große Lücke gerissen. Warum seine Beliebtheit bis heute ungebrochen ist, wird beim Blick hinter die Kulissen deutlich. Wir nehmen diese fünf Jahre als Anlass für einen tiefen Griff ins Archiv von DirtTV mit dem Etikett 2015, entstanden nach seinem größten sportlichen Triumph.

Der Kanadier stammte aus Vancouver Island, wo sich seine Fähigkeiten als Mountainbiker auf den Trails im Regenwald von Mt. Prevost früh entwickelt hatten. Als Star der kanadischen Downhill-Szene verewigte er sich endgültig, als er im Jahr 2013 den Gesamtweltcup mit einem spektakulären Finish für sich entscheiden konnte. Als das Finale in Leogang eingeläutet wurde, zeigte sich Steve Smith in Topform, er startete mit zwei Siegen aus Hafjell und Mont-Sainte-Anne in Serie ins letzte Rennen der Saison. Das Momentum war einfach auf seiner Seite. Als die Anzeige grün aufleuchtete, froren bei Gee Atherton schlagartig die Gesichtszüge ein – Stevie hatte es geschafft: Er stand am Ende des Weltcupjahres ganz oben auf dem Treppchen.

In Episode 9 von „Beyond the Bike“ dreht sich alles um die Basis seiner Karriere und Stevies außergewöhnliche Mentalität, die voll und ganz auf eine Sache ausgerichtet war: Racing. Im World Cup gibt es seit jeher zwei verschiedene Typen von Rennfahrern; diejenigen, die in die Welt des Speeds quasi über familiäre Verbindungen hineingeboren werden und auf der anderen Seite Charaktere, denen dieser Vorteil nicht vergönnt ist. Die Unterschiede zwischen den Besten verblassen zwar mit zunehmender Erfahrung, aber eine gewisse Basis wird niemals ganz verschwinden – industriell gefertigt vs. selbstgemacht, reinrassig vs. Mischling. Steve Smith zählte eindeutig zur letzteren Gruppe. Seine früheste Jugend hatte zunächst absolut nichts mit Mountainbiken zu tun hatte, aber es gab einen starken Zusammenhalt sowie unbändigen Antrieb und ein paar Leute, die in ihm etwas ganz Besonderes gesehen haben.

Den meisten Leuten, die an ihre ersten Erinnerungen auf einem Fahrrad zurückdenken, schießt vielleicht in den Sinn, wie sie ein paar Meter ohne die Unterstützung ihrer Eltern auf dem ersten Rad gefahren sind oder älteren Geschwistern hinterhergejagt haben. Stevies Mutter Tiann erinnert sich daran, wie ihr Sohn im Alter von zwei Jahren mit Jungs aus der Nachbarschaft genau so unterwegs war, als Kleinster brauchte er noch Stützräder. Die älteren Kinder hatten gerade gelernt ohne klar zu kommen, als sie aus dem Fenster schaute und den kleinen Stevie rumfahren sah – ohne Stützräder. Von diesem Moment an sollten Bikes seine Welt dominieren.

„Von dem Tag an, als ihr zwei Jahre alter Sohn ohne Stützräder gefahren ist, wusste sie, dass sie alles daran setzen würde, damit er Erfolg hat.“

Steve war Tianns zweites und jüngstes Kind. Nachdem sie sich vom Vater hatte scheiden lassen, zog sie die Schwester und ihn alleine in Cassidy groß. Viele Mütter unterstützen ihre Kinder, sind stolz auf ihre Leistungen. Und dann gibt es noch Tiann, die in der Gravity-Szene den Zusammenhalt liebte und Stevies größter Fan war. Sie wurde immer ziemlich emotional, wenn sie derekt bei Rennen an der Strecke dabei war, verpasste keinen World Cup im Livestream und sie wusste von diesem einen Tag an, als zweijähriger Sohn ohne Stützräder die Gegend unsicher gemacht hatte, dass sie alles daran setzen würde, damit er auf seinem späteren Weg Erfolg hat.

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Nachdem sich Tiann kein Bike für Steve leisten konnte, tauschte sie einen regelmäßig garantierten Jahresvorrat an Kuchen bei Bill Monahan ein, der zu dieser Zeit einen Bike-Shop hatte und Steve im Gegenzug mit einem Free Agent BMX ausstattete. Wer hätte solch ein Angebot auch ablehnen können? Steve startete mit sieben Jahren bei BMX-Rennen und Erfolg stellte sich sehr schnell ein. „Er konnte einfach nicht verlieren“, erinnert sich Tiann: „Es gab die Altersgrenze, weswegen sie ihn nicht einfach in der nächsten Klasse starten lassen konnten.“ Während er immer noch mit dem BMX unterwegs war, machte der junge Steve durch die Crew von Monahans Shop erste Erfahrungen mit Mountainbikes.

Er fuhr einfach auf jedem alten Bike, das er irgendwie auftreiben konnte. Irgendwann hörte er auf, an Rennen teilzunehmen, weil sie einfach keine Herausforderung mehr für ihn boten, aber schon kurz danach entdeckte er dann Downhill für sich. Auf einem geliehenen Santa Cruz Bullet gewann Steve sein erstes richtiges Gravity-Rennen – und das sogar mit über einer Minute Vorsprung in der Klasse U15. Er holte damit auch die schnellste Zeit unter den Junioren und landete in der Elite auf Platz 3. Das Ausnahmetalent war damit eindrucksvoll bestätigt.

„Auf einem geliehenen Santa Cruz Bullet gewann Steve sein erstes richtiges Gravity-Rennen – und das sogar mit über einer Minute Vorsprung. Das Ausnahmetalent war damit eindrucksvoll bestätigt.“

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Sein erstes richtiges Sponsoring kam von niemand Geringerem als dem Kuchen-Mann, Bill Monahan. Bewaffnet mit einem neuen Bike, brauchte Steve nur etwas zusätzliche Kohle, um für all die Reisekosten aufzukommen. Zu dieser Zeit fing er an, bei Tim Hortons zu arbeiten, was auch der einzige „richtige“ Job war, den er jemals hatte (Anmerkung: Tim Hortons ist ein kanadischer Donut/Kaffee-Laden). Während ihm auf dem Bike so schnell keiner was vormachte, zeigte sich sein Werdegang bei Tim Hortons nicht unbedingt erfolgreich. Nachdem er eine Kundin beschimpft hatte, musste er seinen Platz im Service schnell räumen und wurde zum „Donut-Bäcker“ degradiert, also im hinteren Teil des Ladens von der Kundschaft ferngehalten. Später lachte er darüber: „Ich hielt es für eine echte Beförderung,“ sagte er lächelnd, „aber ich habe seitdem keinen Donut von Tim Hortons mehr gegessen.“

Mit dem neuen Bike und seinem kleinen Einkommen im Schlepptau, ging für Steve bei den BC Cups und Canada Cups erst richtig die Post ab. Es dauerte nicht lange, bis auch einige Heads im Business auf Steves Ergebnisse aufmerksam wurden. Gabe Fox, der die Siege während der gesamten Junior-Karriere genau beobachtet hatte, zögerte nach der Saison nicht lange und nahm ihn für Cove Bikes unter Vertrag. Zur gleichen Zeit plante Darcy Wittenberg von „The Collective“ den damals 15-Jährigen für sein Segment in Seasons ein, das mittlerweile Kultstatus erreicht hatte. Nach dem Erscheinen des Films rückte der Junge aus British Columbia ins Rampenlicht und hatte jetzt eine echt Chance, Kanada auf der sprichwörtlichen Downhill-Weltkarte festzunageln. Zu diesem Zeitpunkt wurde er von Red Bull Kanada unter Vertrag genommen; „Ich hatte keine Ahnung, was sie in mir gesehen haben“, sagte Steve über den Deal: „Sie haben mich erst zu ein paar Abendessen eingeladen und wollten mich kennenlernen. Und zu einem erneuten Treffen waren plötzlich alle meine Freunde in einem Raum versammelt und sie haben mir den Helm überreicht. Mich hat es vollkommen umgehauen“, erzählte er im Rückblick auf den einschneidenden Moment in seiner Karriere.

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Steve hatte sich den Ruhm, der mit diesem speziellen Helm einhergeht, zweifelsohne verdient und seine Rennkarriere spricht bis heute für sich, besonders, wenn man bedenkt, dass er gerade mal 25 Jahre alt war – World-Cup-Podiumplätze im zweistelligen Bereich, mehrfach auf dem Treppchen bei den Weltmeisterschaften und ein Gesamtsieg im Weltcup standen zu Buche. Damit ging er in die Geschichte ein und Steve war sehr stolz darauf, als geborener Wettkämpfer steckte er seine Ziele immer so hoch wie möglich: „Jeder will Weltmeister werden. Das ist für einen Tag verdammt viel Druck, aber ich hätte wirklich gerne die Goldmedaille“, hallten seine Worte und Ambitionen nach. Einer seiner großen Vorteile war, dass er sein Training wirklich liebte. Egal, ob er im Fitnessstudio Gewichte stemmte oder sich beim Treppenlauf quälte – er genoss das alles und freute sich sogar darauf.

Wenn er nicht auf dem Bike saß, galt Steve als ein sanftmütiger Mensch. Er war ruhig, es flackerte immer wieder dieser schwarze Humor auf, einhgergehend mit einem schelmisxchen Grinsen. Für seinen Perfektionismus war er bekannt, er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn irgendetwas planlos lief oder Zeit verschwendet wurde. Still sitzen war nicht seine größte Stärke, aber an der Spitze des Sports braucht es diese Unbändigkeit. Diese Charaktereigenschaft bestimmten sein alltägliches Leben, da es so etwas wie einen freien Tag für Steve einfach nicht gab. Nie. Selbst als er verletzt war, füllte er seine Tage mit der harten Arbeit am Comeback, starke Platzierungen nach monatelanger Pause waren sicherlich kein Zufall.

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Stevie Smith 2013 in Leogang | Foto: Paris Gore/Red Bull Content Pool

Was also hatten Mutter Tiann, Bill Manahan, Gabe Fox, Darcy Wittenberg oder Red Bull schon so früh in Steve gesehen? Bevor er überhaupt Rennen gefahren war, hatten Leute auf seiner Seite gestanden, fest an ihn geglaubt. Lange bevor der Oberlippenbart zu seinem Markenzeichen und Chainsaw zu seinem Spitznamen werden sollte, war Steve einfach ein fokussierter Junge, der es nichts mehr liebte, als auf dem Bike einfach nur Vollgas zu geben. Vielleicht haben sie ihn als außergewöhnliches Beispiel für jemanden erkannt, der mit genügend Einsatz und Hingabe des direkten Umfelds eine kleine Leidenschaft zu einer historischen Karriere ausbauen könnte. Er wurde zu einer der Ikonen, die er früher so bewundert hatte. „Es ist komisch, der Typ zu sein, zu dem die Kids aufschauen“, sagte er leise und mit der beschriebenen Demut. Stevie Smith hat sich vor seinem Tod nicht nur zum Champion im World Cup gekrönt, sondern bleibt als Mountainbike-Legende auch für seine bescheidene und humorvolle Art unvergessen.

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