Yeti-Fahrer Jared Graves hat uns die gesamte Saison über mit seinen ausführlichen Tagebuch-Einträgen einen guten Einblick in das Leben eines Pro-Riders gegeben. Lest nun den letzten Teil dieser Saison – Jared beim 7. Rennen der Enduro World Series in Finale Ligure:
„Die Saison 2013 ist nun schon wieder zu Ende. Nach den World Championships habe ich erstmal sechs Wochen lang zu Hause gewohnt, um wieder ein wenig Normalität und Routine in mein Leben zu kriegen. Es war echt ein bisschen hart, mich für das letzte Rennwochenende in Finale Ligure zu motivieren, da mir der 2. Platz in der Serie zwar sicher war, ich aber nicht genügend Punkte sammeln konnte, um den Gesamtsieg zu holen. Und eigentlich wollte ich nichts sehnlicher als das Jahr mit einem Sieg beenden.
Trotzdem hab ich in der Vorbereitung viel trainiert. Ich wollte so viel wie möglich biken und ein paar Intervalltrainings einstreuen. Ich wollte mich aber nicht vollends verausgaben, schließlich war der Gesamtsieg nicht in Sicht und daher war es besser, den Körper auch mal in Ruhe regenerieren zu lassen.
Sonntag
Shaun Hughes (der Meister unter den Mechanikern) und ich packten unsere Sachen und verließen Brisbane für ein letztes 2013er Abenteuer in Finale Ligure – das 7. und letzte Rennen der Enduro World Series.
Dienstag
Müde vom Flug und bettreif, kamen Shaun und ich gegen 2 Uhr nachts in Finale Ligure an. Albert “the Albertross” Callis hatte schon die Zimmer und den späten Check-in klar gemacht. Wir mussten uns unbedingt vor der großen Woche noch ein bisschen ausruhen.
Mittwoch
Wir hatten Zeit, die Gegend zu erkunden und ein bisschen Spinning zu machen. Erstaunlicherweise fühlte ich mich gut und mein Körper war von der Reise nicht allzu mitgenommen… ein sehr gutes Zeichen. Wir trafen ein paar Leute, die hier schon mit dem Rad unterwegs waren und sie zeigten uns ein paar gute Trails zum Biken. Das war genau das, was wir brauchten und wir waren ca. 2,5 Stunden unterwegs. Das war echt ein guter Tag und wir gingen zufrieden ins Bett!
Donnerstag
Heute war der erste offizielle Trainingstag, was sich ein wenig vom üblichen italienischen Rennformat unterschied. Ich war gespannt, was das geben würde. Ich wusste, dass viele Leute hier schon öfter zum biken oder für Rennen waren und dass sie die Strecken gut kennen würden. Aber als Konkurrent sollte man sich nicht allzu sehr den Kopf darüber zerbrechen. Man muss einfach alles geben und dann hoffen, dass es reicht. Irgendwie dachte ich mir, dass es einfach auch eine gute Vorbereitung für 2014 wäre. Ich absolvierte 10 Runden an diesem Tag, die meiste Zeit war ich auf Stage 4. Das war die Stage, auf der man entweder richtig viel Zeit gut machen oder auch verlieren konnte. Ich wollte auf Risiko fahren und meinen Ding durchziehen.
Freitag
Noch mehr Training, es hat so viel Spaß gemacht, ich war schnell und voller Vorfreude auf das Wochenende.
Samstag – 1. Renntag
Stage 1
Gegen 8:30 rollten wir zur ersten, ziemlich kurzen Stage los. Sie beinhaltete viele technische, flowige und kurze Sprints. Im Training war ich sie nur einmal gefahren, als ich schon etwas müde war und dachte deswegen, dass sie anstrengender wäre. Ich gab so viel Gas wie möglich und fuhr technisch sehr gut, aber ich merkte, dass ich zu wenig Luft bekam. Wenn du noch frisch und richtig aufgedreht bist, kannst du ziemlich viel leisten. Aber das war ein blöder Anfänger-Fehler und eine gute Lern-Erfahrung fürs nächste Jahr. Am Ende der Stage war ich aber dennoch recht fit und nur ein paar Sekunden zu langsam.
Stage 2
Ein ziemlich guter Allround-Test für die Fahrer, aber dennoch nicht meine Lieblingsstrecke. Ich kam nicht recht in den Flow. Auf der Stage gab es einen anderthalbminütigen, technischen Anstieg, auf den ein 3 minütiger Downhill-Abschnitt folgte, bei dem man viel bremsen musste. Ich bin viel zu zurückhaltend gefahren: Beim Anstieg hab ich viel Gas gegeben, aber am Ende war ich für einige Abschnitte viel zu langsam, weil ich mich zu sehr auf meine Lines und die nächste Kurve konzentrierte, um nicht zu crashen. Am Ende war ich dann wieder auf Geschwindigkeit. Nico Lau schien diesen tighten, verblockten Teil der Strecke zu lieben und hat uns alle ganz schön abgehängt. Ich konnte mich einfach nur glücklich schätzen, überhaupt unter den Top Fahrerm zu sein, aber ich wusste auch, ich hätte besser fahren können. Daher war ich ein bisschen enttäuscht.
Stage 3
Ich war ziemlich fest entschlossen, nicht dieselben Fehler zu machen und ich wollte die Stage unbedingt gewinnen. Es war eine einzige DH Strecke, ziemlich steil, sehr technisch, mit nur einem 10 sekündigen Sprint am Start. Ich wusste, wenn ich hier einen Sieg hinlegen könnte, wären meine Beine immer noch fit genug für die restlichen Stages.
Meine Runde verlief genauso, wie ich es geplant hatte, mit einer perfekten Balance aus Gas geben und nicht zu viel Risiko eingehen. Genauso sollte ich eigentlich immer fahren – ich sicherte mir den Stage-Sieg und somit auch die Führung. Jérôme Clémentz fuhr auf den ersten Stages konstant gut und war gerade mal 0,1 Sekunden hinter mir. Nico Lau wäre eigentlich der Führende gewesen, allerdings hat er sich eine einminütige Strafe eingefangen weil er zu spät zum Check-in erschien. Das war echt hart zu sehen, wie ein Fahrer für so eine Kleinigkeit betraft wurde, aber ich bin sicher, auch Nico ist der Meinung, Regeln sind Regeln!
Stage 4
Hier wurde es richtig interessant. Stage 4 war die Stage, auf die ich mich die ganze Woche über gefreut hatte. Es war an der Zeit, mal richtig abzugehen! Nach Stage 3 blieb uns nur sehr wenig Zeit für den Transfer zu Stage 4 und es waren 40 Minuten stetes Tempo bergauf. Mein Puls ging bei der Geschwindigkeit ein bisschen zu hoch und für einen Amateur wäre das in dem Tempo nicht machbar gewesen. Das Drama war vorprogrammiert! Trotzdem kamen die Top-Fahrer fünf Minuten vor dem Start der Stage an. Jérôme war schon in Startposition, Goggles an, der Countdown lief, als es plötzlich hieß: „Nein, nicht starten!!! Die Stage wird gecancelt.“ Vom Race-Modus bis zum Canceln der Stage in nur 10 Sekunden ist einfach nur krass. Es stellte sich später heraus, dass es einen schweren Unfall auf Stage 1 gab und es nicht lange genug hell gewesen wäre, um die Stage 4 komplett von allen Teilnehmern absolvieren zu lassen. Die Stage musste also gestrichen werden, denn das Wohl der Teilnehmer steht immer ganz vorn. Dennoch war ich sehr enttäuscht. Von allen Stages strichen sie ausgerechnet diejenige, auf die ich mich am meisten gefreut hatte. Es scheint, als wäre dieses Jahr echt ein paar Mal der Wurm drin gewesen! Aber gut, das war’s vom Samstag. Ich hatte die Führung inne, konnte mich also kaum beschweren.
Sonntag – 2. Renntag
Stage 5
Diese Stage hat so viel Spaß gemacht! Wer auch immer diesen Trail gebaut hat, sollte unbedingt noch mehr davon bauen. Derjenige hat’s wirklich drauf! Alle Teilnehmer gaben hier richtig Gas und hatten dabei viel Spaß! Der Trail war einfach nur schnell und flowig von oben bis unten, aber dennoch anstrengend. Während des Trainings bin ich die Strecke drei Mal gefahren und wahrscheinlich hätte ich noch mehr rausholen können, wenn ich noch öfter gefahren wäre. Aber man kann in der kurzen Trainingszeit einfach nicht alles schaffen.
Mein Lauf war echt gut bis zur letzten, steilen, steinigen Passage. Da standen so viele Zuschauer und in dieser Atmosphäre kann man einfach nicht anders, als Gas zu geben. Ich fuhr zu schnell über eine Bodenwelle, geradewegs ins Gebüsch, streifte einen Baum und versuchte nicht zu stürzen. Irgendwie hab ich’s auch hingekriegt! (Der Tipp des Tages: Es ist unglaublich, was man alles fahren kann, wenn man es nur einfach versucht und nicht aufgibt.) Am Ende konnte ich aber meine Führung nicht ausweiten, verlor sogar 1,2 Sekunden auf den Führenden. Kein großes Ding, aber irgendwie auch nicht ideal.
Stage 6
Stage 6 war eine Wiederholung der zweiten Stage und Jérôme und ich waren zeitgleich ziemlich am Ende. Mit dem Gesamtsieg des Rennens vor Augen, sollte es eine harte Stage werden. Ich durfte mir keine Fehler erlauben. Die Stage war recht gut, aber es konnten sich aufgrund des technischen und schwierigen Untergrunds viel zu schnell Fehler einschleichen. Unglücklicherweise machte ich auch ein paar kleinere, so dass meine Runde nicht gut genug war und ich sie mit 2,7 Sekunden Rückstand auf Jérôme, und das Rennen letztendlich als Zweiter, beendete.
Ich kam nach Italien, um ein Rennen ohne Druck zu fahren, aber ich war enttäuscht, dass ich nicht den Sieg holen konnte. Ich machte zu viele Fehler, obwohl Jérôme sicher auch welche machte. Auch für ihn war es nicht das perfekte Rennen und dennoch verdiente er den Sieg. Und auch wenn Nico Lau eine Zeitstrafe erhalten hat, Hut ab vor Jérômes Leistungen.
Es war eine großartige Saison! So kurz vor einem Sieg zu stehen, gibt mir auf jeden Fall die richtige Motivation, mich für 2014 vorzubereiten. Ich kann’s kaum erwarten!
Danke an Shauny, der mein Bike immer zu 100% im Griff hatte und an Albert, der, wo immer es ging, geholfen hat. Guter Support ist einfach wichtig und ohne die Hilfe vom Yeti Team und den Sponsoren wäre ich einfach nicht so weit gekommen. Danke an alle!
Ich kann momentan noch gar nicht recht entspannen, aber immerhin hat mein Körper jetzt erstmal Pause.
Bis zum nächsten Jahr!“
Jareds Setup in Finale
Frame – Yeti SB66c Medium
Fork – Fox 34 float 2014 160mm
Rear Suspension – Fox Float X
Seatpost – Thomson Elite dropper
Wheels – DT Swiss 240 hubs, 500 rims, and Aerolite spokes, alloy nipples
Tires – Maxxis Minion 2.5 EXO, ghetto/split tube tubeless. 27psi F, 30psi R
Brakes – Shimano XTR race lever, Saint calipers, 180mm Ice-Tech Rotors
Derailleur – Shimano XTR Shadow Plus
Cranks – Shimano XTR 170-millimeter with Stages Power Meter
Chainring – Shimano Saint 36-tooth
Casette – Shimano XTR 11-36
Pedals – Shimano XTR trail
Chainguide – E13 LG1
Bars and Stem – Renthal 740mm Fatbar lite, 20mm rise, and 50mm Duo stem
Headset – Chris King
Grips – ODI Ruffian MX
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