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Erst der Tempel, dann der Trail: Biken in Taiwan Teil 3

Eine weitere Herausforderung in der Organisation war das Mountain Permit. Jeder, der in Taiwans Bergen unterwegs ist, muss vorher ein solches Permit beantragen. Die Berge in Taiwan sind tatsächlich nicht ganz ungefährlich. Schnell wechselnde Wetterbedingungen, regelmäßige Taifune und Erdbeben beeinträchtigen die Wegequalität regelmäßig. Wo gestern noch eine Hängebrücke war, kann sie morgen schon weg sein. Der Besitz eines Permits bedeutet aber noch lange nicht, dass man mit einem Bike herein gelassen wird. („Viel zu gefährlich!“ – In Taiwan wird nämlich immer und überall vor Allem und Jedem gewarnt.) Der Plan war also, noch vor dem Aufwachen der Polizei die Kontrollstation zu passieren.

Unterwegs in den Bergen Taiwans!
Unterwegs in den Bergen Taiwans!

Wir hatten uns letztlich für eine historisch interessante Route von West nach Ost entschieden. Der Nenggao Trail hat nämlich viel zu erzählen. Entstanden durch die Reise- und Handelstätigkeit der Ureinwohner, wurde der Pfad während der Besatzung durch die Japaner dazu genutzt, um die Ureinwohner zu verfolgen. Erst nach dem Ende des zweiten Weltkriegs konnten die Pläne der Japaner durch die Taiwanesen selbst zu Ende geführt werden: die Errichtung einer Strom-Trasse von West nach Ost. Dank dieser Historie und weiterer Internetrecherchen erhofften wir uns, einen möglichst befahrbaren Trail vorzufinden.

Feuchte Trails auf nebelverhangenen Bergen
Feuchte Trails auf nebelverhangenen Bergen

Wie berechtigt diese Gedanken waren, bewies unser Ausflug nach Hehuanshan. Mit etwa 3200m der höchste befahrbare Pass in Taiwan und damit guter Ausgangspunkt zu ein paar nahegelegenen, waldfreien Gipfeln. Eine gute Wahl, um die ersten Trails im Gebirge kennenzulernen. Und kennengelernt haben wir sie! Die Auffahrt auf den ersten Gipfel war bis oben hin eine Straße – praktisch. Von dort zeigte auf der Karte ein gestrichelter Weg nach Norden wieder in Richtung zur Pass-Straße. Von Weitem hätte es der Trail der Trails sein können: Flowig durchschneidet der Trail den Hang, mit wunderschönen, regelmäßigen Kehren, yeeeha!

Am Anfang war es noch ganz lustig. Wir bahnten uns unseren Weg bergab quer durch kniehohes Buschwerk, um auf den Trail zu stoßen. Dort angekommen, mussten wir leider feststellen, dass mit Erreichen des Weges das Fahren nicht unbedingt besser wurde. Verblockt und verwachsen ging es weiter, die kleinen Bambusgewächse kratzten uns die Schienbeine auf. Flow? Keiner! Ich war froh, als wir nach einer gefühlten Ewigkeit wieder eine Straße erreichten.

Der nächste Gipfel zeigte uns ein weiteres Gesicht taiwanesischer Trailbaukunst: Treppen bis zum Gipfel! Wir gaben nicht auf und trugen unser Bike die paar hundert Höhenmeter durch den Nebel. Wir wählten eine andere Route bergab und fanden dann tatsächlich schöne Abschnitte, die uns Hoffnung auf mehr machten.

Mit oder ohne Bike hatten wir in der letzten Woche einiges in Sachen Wegbeschaffenheit erlebt – Hangrutsche, verwachsene Wege, verfallene Brücken. All dies empfand ich als Warnung gegenüber unserer geplanten Durchquerung.

Passieren oder nicht?
Passieren oder nicht?

Für den ersten Teil des Nenggao Historic Trails waren wir uns sicher, dass die Beschaffenheit für unsere Zwecke machbar war. Bis zum Tianchih Hostel wird der Weg relativ häufig von Wanderern begangen. Immerhin ist dies wahrscheinlich Taiwans einzige bewirtschaftete Berghütte. Für uns war es ein Notnagel, den wir dann tatsächlich auch nutzen sollten. Über den zweiten Wegabschnitt konnte uns Niemand etwas sagen. Sehr selten wird der Weg in Richtung Osten weitergegangen.

Die Nachrichten reichten von „absolut zerstört“ bis hin zu „keine Ahnung“. Sollte uns an diesem zweiten Tag irgendwo der Weg wegbrechen, könnte dies einen mehrtägigen Rückweg bedeuten – womöglich ohne ausreichende Nahrung.

Mit diesem Wissen und zahlreichen Plänen B, C und D im Kopf fand ich mich am nächsten Morgen auf der Ladefläche dieser typischen kleinen blauen Lieferwagen wieder. Die Bikes schauten mit dem Vorderrad zur Seite heraus, wir waren warm eingepackt und fuhren dem Sonnenaufgang entgegen. Sternenhimmel und Sonnenschein, der Tag fing schon gut an. Und der Trail war perfekter, als ich es mir nach den bisherigen Trail-Erfahrungen in Taiwan hätte vorstellen können.

Dem Sonnenaufgang entgegen fahren
Dem Sonnenaufgang entgegen fahren

Der etwa 1-2m breite Pfad schlängelte sich gemütlich ansteigend den Hang entlang, zwar zum Teil ziemlich ausgesetzt, aber immer gut machbar. Wir erreichten die Hütte kurz vor Mittag und lernten gleich, was ein Wetterwechsel hier bedeuten kann. Auf einmal war der angekündigte tagelange Sonnenschein weg und wir waren von einer feuchten, kalten und zugigen Wolke umschlossen. Beim Anblick der Wanderer, die vom Gipfel zurück kehrten, beschlossen wir, die Bikes für unseren Gipfelversuch gar nicht erst mitzunehmen. Verschlammte Hosenbeine bis zu den Knien verhießen nichts Gutes. Mit leichtem Gepäck liefen wir los, ohne Übergepäck sollte das ja jetzt ein Kinderspiel werden. Dachte ich. Nach etwa einer Stunde wurde der Weg immer schmaler und wieder fanden wir uns in dem altbekannten stechenden Bambusgewächs wieder. Nur diesmal war alles komplett feucht.

Mitten im dichten taiwanesischen Wald
Mitten im dichten taiwanesischen Wald

Innerhalb weniger Minuten waren die Schuhe patschnass und wenig später die komplette Hose. Die Außentemperatur lag bei etwa 3 Grad. Wie sehr verfluchte ich mich, meine Regenhose daheim gelassen zu haben! Im weiteren Verlauf wurde der Bambus immer höher und der Pfad war kaum noch sichtbar. Wir tauchten in das nasse Gestrüpp ein, versuchten den Weg zu finden…

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