Unsere Kollegin Aoife Glass von Total Womens Cycling hatte sich Anfang des Jahres ein ganz großes Ziel gesetzt – die Megavalanche in Alpe d’Huez mitzufahren! Es war für sie das zweite Mountainbike-Rennen überhaupt, weshalb ihr kurz vorher der Arsch auch mächtig auf Grundeis ging! Aber: Sie hat es überlebt und einen großartigen Rennbericht mitgebracht. Na Ladies, habt Ihr nicht auch Bock, nächstes Jahr zu starten?
Text: Aoife Glass
Irgendwo im Wald. Dreiviertel der Strecke liegen hinter mir. Ich rutsche auf meinem Hintern den Hang hinab und ziehe mein Bike hinter mir her! So hatte ich mir mein großes Race-Abenteuer nicht vorgestellt! Die Laufräder sind mit Matsch zu, so dass sie sich keinen Zentimeter mehr bewegen und das Gewicht des Bikes ist ums Vierfache gestiegen! Ich bin komplett eingesaut, von Kopf bis Fuß, durchnässt und sehr sehr müde. Ich vermisste die Motivation, die ich noch einen Tag zuvor verspürte, als ich bei strahlendem Sonnenschein so gut wie noch nie in meinem Leben mit 60 weiteren Frauen die Qualifikation fuhr.
In ihrem nunmehr 20. Jahr ist die Megavalanche ein Anziehungspunkt für 2.000 Teilnehmer! Aus gutem Grund ist es eines der berühmtesten Mountainbike-Rennen der Welt: Es ist einerseits total verrückt und andererseits eine großartige Erfahrung für jeden Racer!
Die Megavalanche findet jedes Jahr im Juli in Alpe d’Huez statt und besteht aus einer Reihe von Rennen, die man an einem Wochenende fährt. Die Ergebnisse der Quali am Freitag legen fest, in welchem Rennen die Männer starten. Bei den Frauen gibt es nur ein Rennen, so dass die Quali einfach nur die Startposition vorgibt. In diesem Jahr nahmen gerade mal 100 Frauen teil.
Die Mega ist definitiv nichts für Zartbesaitete und in diesem Jahr war alles noch ein bisschen krasser! Seit Ewigkeiten hatte man in den Alpen nicht mehr so ein schlechtes Wetter erlebt. Dichter Nebel verhing den blauen Himmel und zäher Matsch machte sich auf den sonst staubigen Trails breit. Die Hauptstrecke startete auf dem Gipfel des Pic Blanc auf einer Skipiste und ging dann mit haufenweise technischer Sektionen und einigen fiesen Anstiegen bis ins Tal. Es ist ein absoluter Belastungstest für Fitness und Fahrtechnik!
Eine Woche Regen, dunkle Wolken, starker Schneefall auf dem Gipfel und Hunderte von Racern verwandelten den unteren Part der Strecke in ein Desaster. Es war wie beim Glastonbury Festival, nur mit mehr Bikes, weniger Musik und deutlich mehr Gefluche! Auf Grund des Schneefalls wurde die Rennstrecke für die Frauen geändert. Der berühmt berüchtigte Start auf dem verschneiten Gipfel wurde auf ein matschig, verschneites Plateau verlegt, was entweder eine Enttäuschung oder eine Erleichterung für manche Lady war. Hing ganz davon ab, wie gerne man auf einer Schneedecke fährt.
Die Konditionen waren so unglaublich sch***e, dass viele ihre Sachen schon vor dem Rennwochenende wieder einpackten und unverrichteter Dinge die Alpen verließen. Ich hatte auch darüber nachgedacht, aber ich hätte keinen plausiblen Grund gefunden, außer ich hätte mich mit Absicht auf die Fresse gelegt und mich dabei verletzt (bisschen übertrieben), hätte einfach so getan als hätte ich mich verletzt (was auch hart gewesen wäre) oder wäre einfach geflüchtet, um eine Bio-Farm in Peru aufzumachen.
So stand ich also leicht benebelt am Start der Quali, die Sonne ließ sich kurz blicken und ich wusste, ich muss einfach das Beste draus machen. Neben mir standen ein paar britische Mädels, mit denen ich vorher schon gechattet hatte, und World Cup Profi Manon Carpenter.
Irgendwie war ich in der ersten Reihe gelandet und hatte so viel Schiss, dass ich während des Countdowns beinahe in meinen Helm gekotzt hätte. Und dann, völlig unerwartet, entspannte sich die Stimmung plötzlich, als ein Typ sich dazu entschloss, in diesem wahnwitzigen Setting seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Es passieren wirklich merkwürdige Dinge auf der Megavalanche!
Es hieß im Vorfeld, die Quali-Strecke sei ziemlich technisch – und ja, das war sie auch! Im oberen Abschnitt fanden sich ein übles Steinfeld und ein fetter North Shore Drop! Jenseits meiner Fähigkeiten, aber man konnte auch an der Seite vorbeifahren. Alles war zwar ziemlich tricky, aber immer noch fahrbar und ich war sooo froh, dass ich wenigstens etwas Grundlagentraining gemacht hatte, als ich mir die Lungen aus dem Leib strampelte. Obwohl ich mit meinen 40 Minuten doppelt so lange brauchte wie Manon Carpenter, war die Quali schneller vorbei als ich gucken konnte. Überglücklich und voller Adrenalin taumelte ich nach Hause.
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